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Aussichten? Ungewiss. Anhänger des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara beobachten die Lage in der ivorischen Metropole Abidjan.

© AFP

Elfenbeinküste: Gbagbo will durchhalten

Der Machtkampf in der Elfenbeinküste zieht sich hin. Der abgewählte Präsident Gbagbo kann angeblich noch auf 1000 loyale Soldaten zählen.

In der Elfenbeinküste gestaltet sich der Abgang des abgewählten Machthabers Laurent Gbagbo schwerer als erwartet. Rund um die Residenz in Abidjan, in der sich Gbagbo seit Tagen verschanzt hält, wurde auch am Donnerstag vereinzelt gekämpft. Anwohnern zufolge war in der Umgebung des Hauses zeitweise abermals schwerer Gefechtslärm zu hören.

Im Laufe des Tages bereiteten Truppen von Gbagbos Widersacher Alasanne Ouattara einen weiteren Sturmangriff auf den unterirdischen Bunker vor, in dem sich Gbagbo, umgeben von offenbar schwer bewaffneten Milizen, seit Tagen aufhält und gegen sein Schicksal stemmt. Am Mittwoch waren Kämpfer Ouattaras zwar bis zum Tor der Residenz vorgedrungen. Anschließend wurden sie aber durch Beschuss aus schweren Waffen wieder zum Rückzug gezwungen.

Offenbar setzt Gbagbo alles daran, seinen Abgang selber zu inszenieren, um später womöglich neue Machtansprüche anmelden zu können. Frankreich und die Vereinten Nationen verlangen hingegen, dass der 73-Jährige eine Erklärung unterschreibt, die Ouattara als neuen Staatschef anerkennt und Gbagbos Machtverzicht beinhaltet. Die letzten noch loyalen Truppen der regulären Streitkräfte hatten am Dienstag aufgegeben. Allen internationalen Appellen zum Trotz wollte Gbagbo aber nicht aufgeben. Der französische Verteidigungsminister Gérard Longuet sagte, Gbagbo verfüge noch über etwa 1000 Kämpfer, von denen sich ungefähr 200 in der Residenz befänden.

Als letztes Pfand bleibt dem abgewählten Staatschef noch sein eigenes Leben: Würde Gbagbo beim Sturm auf seinen Bunker getötet, könnten seine Truppen womöglich erneut zu den Waffen greifen – und die Elfenbeinküste damit noch tiefer in den Bürgerkrieg abgleiten. Schon deshalb dürfte Ouattara alles daransetzen, seinen Erzfeind lebend in die Hände zu bekommen. Allerdings schienen einige Rebellenführer am Donnerstag die Geduld zu verlieren, zumal sie seit Tagen die unmittelbar bevorstehende Festnahme Gbagbos ankündigen.

Gbagbo selbst hat in einem Telefoninterview aus seinem Bunker erklärt, dass er nicht das Zeug zum Märtyrer habe – und das Leben liebe. Allerdings schränkte er ein: „Wenn der Tod kommt, dann kommt er.“ Gleichzeitig schloss er einen Abgang nach den Bedingungen seiner Gegner erneut kategorisch aus. Wie schon nach der Stichwahl im November bezeichnete er sich als Opfer einer unerträglichen Einmischung der Franzosen, die Ouattara zur Macht verhelfen wollten.

Solche Spiele mit antiwestlichen Ressentiments zielen auf die eigenen Anhänger. Im Süden des Landes sind viele Menschen überzeugt davon, dass Gbagbo und ihr Land das Opfer einer internationalen Verschwörung sind. Viele von ihnen sind erbost darüber, dass die internationale Gemeinschaft zwar starken Druck auf Gbagbo ausübte, sich den Rebellen gegenüber aber überaus duldsam zeigt – egal ob es sich um die unterbliebene Entwaffnung der Leute um Ouattara handelt, dessen eigenen Wahlbetrug oder Massaker, die auf das Konto der Gegner Gbagbos gehen. Dies hat unter den Menschen im Süden viel Bitterkeit entstehen lassen.

Das langsame Ende Gbagbos lähmt derweil das Leben in Abidjan. In vielen Stadtteilen trauen sich die Menschen aus Angst vor marodierenden Milizen nicht auf die Straße. Auch geht mancherorts nun das Trinkwasser aus. Die wenigen noch funktionsfähigen Krankenhäuser der Wirtschaftsmetropole warnten gestern erneut vor einem Mangel an Medikamenten. Internationale Hilfsorganisationen sorgen sich zudem um die vielen Kinder, die in den Wirren des Bürgerkriegs von ihren Familien getrennt wurden. Die UN und das Internationale Komitee des Roten Kreuzes warnten zudem ausdrücklich vor einer dramatischen Verschlechterung der Lebensverhältnisse in Abidjan, wenn sich die Situation nicht bald entspanne. Bei dem blutigen Machtkampf zwischen Ouattara, der aus dem islamischen Norden stammt, und Gbagbo, der im christlichen Süden seine Basis hatte,sind nach UN-Angaben weit mehr als 1000 Menschen gestorben.

Am Donnerstag hatte die französische Einheit „Einhorn“ den japanischen Botschafter und mehrere seiner Mitarbeiter in Sicherheit gebracht. Sie hatten sich nach einem bewaffneten Angriff von Gbagbo-Anhängern in einem Zimmer ihrer Botschaft verschanzt. Mehrere andere Botschafter baten Frankreich ebenfalls um Hilfe bei der Evakuierung von Mitarbeitern, darunter die Vertreter Indiens und Israels. Viele Botschaften liegen im Regierungsviertel Plateau, in dem sich auch die Residenz Gbagbos befindet.

Unterdessen nehmen sich internationale Institute auch der Taten der Gegner von Gbagbo an. Luis Moreno Ocampo, Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag, hat eine Untersuchung über das Massaker im Westen der Elfenbeinküste aufgenommen, Dabei waren in der vergangenen Woche angeblich bis zu 1000 Menschen ums Leben gekommen, viele verbrannten lebendig. Die UN haben in ersten Berichten Rebellen Ouattaras für einen Großteil der Morde verantwortlich gemacht. mit dpa

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