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Politik: …Ellen MacArthur an Land geht

Einhandsegeln ist auch nicht mehr, was es mal war. Einhandsegler sind allein auf einem Boot, und wenn es 25 Meter lang ist, ist es groß, aber doch auch sehr klein auf dem Pazifischen Ozean.

Einhandsegeln ist auch nicht mehr, was es mal war. Einhandsegler sind allein auf einem Boot, und wenn es 25 Meter lang ist, ist es groß, aber doch auch sehr klein auf dem Pazifischen Ozean. Ellen MacArthur war jetzt 71 Tage unterwegs, allein, nonstop und einmal um die Welt herum. Wenn alles gut gegangen ist, hat sie in dieser Nacht die gedachte Ziellinie zwischen Cornwall in England und der bretonischen Insel Quessant überquert.

Heute ist der Tag, an dem sie wieder festen Boden unter den Füßen hat. Und an dem sie wieder Menschen sieht. Vielleicht hat sie dann auch einen Weltrekord geschafft. In 71 Tagen ist noch niemand allein um die Welt gesegelt. Zuletzt war es Francis Joyon, der alleine um die Welt segelte. Viel schneller, als es sich Jules Verne einmal vorstellen konnte. Jules Verne schrieb „In 80 Tagen um die Welt“, 72 Tage, 22 Stunden, 54 Minuten und 22 Sekunden brauchte Joyon. Das müsste Ellen schaffen.

Schade, dass sie keine tollen Geschichten erzählen kann. Geschichten, die man halt so erlebt, wenn man alleine ist und fern der Zivilisation und auf See. Nichts erzählen kann sie von hilfsbereiten Delfinen, von Seeungeheuern, vom traurigen Gesang der Wale. Als die Flut die Erde verwüstete, war sie ungefährdet irgendwo unterhalb Neuseelands. Unter ihr rauschte das Wasser, und auf dem Kopfhörer wurde ihr berichtet, welch verheerende Kraft diese Wasser haben. Wahrscheinlich hört man in so einem Moment einfach keine Wale singen, weil auch die Wale schweigen.

Die Einsamkeit der Weltumsegler wird heutzutage überschätzt. Auch an besseren Tagen hatte Ellen kaum Zeit, der Natur zu lauschen. Als der 45. Tag zu Ende ging, waren schon 23800 E-Mails auf ihrem Laptop gespeichert. Da geht es gar nicht anders, als dass man einhandsegelt, die andere Hand braucht man zur Beantwortung der Post. Ellen hatte ständig irgendetwas mit irgendjemandem zu kommunizieren. Klönschnack über das Wetter, über biometrische Daten, über die Winde. Die totale Medienüberflutung. Weißer Rausch statt das Rauschen des Atlantiks. So eine Bootsfahrt gleicht eher einem Call-Center als einer Meditation.

Leider bleibt auf diese Art der Weltumsegelung die existentielle Grenzerfahrung auf der Strecke. Wie soll man in sich schauen, wenn es ständig irgendwo piept und aufpoppt? Demnächst werden die Leute sagen, dass Einhandsegeln eine viel zu hektische Sache ist. Schade. uem

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