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Politik: Elterngeld bald ganz steuerfrei?

Hessen und Bayern wollen nur noch Teil auf Einkommen anrechnen / Bundesregierung sagt nein

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Völlig unerwartet haben die Finanzminister von Bayern, Erwin Huber (CSU) und Hessen, Karlheinz Weimar (CDU), am Freitag angekündigt, sie wollten für eine Steuersenkung bei Eltern sorgen, die das Elterngeld in Anspruch nehmen. Mit einer Bundesratsinitiative wollen Huber und Weimar Anfang September erreichen, dass nur noch ein Teil des Elterngeldes – und nicht mehr der volle Betrag – besteuert wird. Die Initiative soll am 4. September beim Treffen der Finanzminister aller Bundesländer beraten werden. Die für das Elterngeld und dessen steuerliche Behandlung zuständigen Bundesministerien für Finanzen und Familie beteuerten am Freitag, man sehe noch keine Mehrheit für die Pläne von Bayern und Hessen. Geltende Rechtslage sei, dass das gesamte Elterngeld bei der Besteuerung herangezogen wird. Man erwarte, dass diese Rechtslage überall in Deutschland umgesetzt werde.

Konkret geht es um 25 Millionen Euro, die die Eltern von Neugeborenen in Zukunft im Jahr sparen könnten, wenn sich der Bundesrat mehrheitlich darauf verständigt, den sogenannten „Sockelbetrag“ des Elterngeldes in Höhe von 300 Euro bei der Besteuerung nicht mehr zu berücksichtigen. Die Finanzämter in Sachsen tun dies ohnehin von Beginn an nicht (seit 2007 also), weshalb die Steuerpraxis in den letzten Tagen überhaupt erst ins Zentrum politischer Debatten geraten war und Bayern und Hessen zu der Bundesratsinitiative animiert wurden.

Der hessische FDP-Finanzpolitiker und Bundestags-Vizepräsident Hermann Otto Solms forderte Bund und Länder auf, die Besteuerung des Sockelbetrages „unverzüglich einzustellen“. Solms begründete, das sei man den Eltern schuldig, schließlich habe man ihnen 2007 bei der Einführung des Elterngeldes eine steuerfreie Sozialleistung versprochen.

In der Tat ist das Elterngeld steuerfrei. Allerdings wird es dem sogenannten Progressionsvorbehalt des Einkommenssteuerrechtes unterworfen. Das heißt, es wird zwar selbst nicht besteuert, erhöht jedoch den Steuersatz, den eine Familie auf das sonstige Einkommen zahlen muss. Faktisch zahlt man dann also doch einen Teil des Elterngeldes an den Fiskus zurück. Den „Progressionsvorbehalt“ haben die Gesetzgeber vor Jahrzehnten eingeführt, um staatliche Leistungen steuerlich zu subventionieren. Denn prinzipiell muss man in Deutschland auf jedes Einkommen Steuern zahlen. Der Progressionsvorbehalt sorgt allerdings dafür, dass manche „Sozialleistungen“ nicht mit dem vollen Steuersatz versteuert werden. Verfechter des geltenden Rechtes begründen, die Regelung folge dem Leistungsgedanken des Steuerrechts. Gegner meinen, der Progressionsvorbehalt sei schlicht eine Möglichkeit der Haushälter, sich „hintenherum“ einen Teil der Sozialleistungen von den Empfängern wieder zu holen.

Sachsen hat bisher als einziges Bundesland entschieden, die ersten 300 Euro des Elterngeldes, das maximal 1800 Euro beträgt, von der progressionserhöhenden Wirkung freizustellen. Die Begründung der Sachsen: Während der Betrag über 300 Euro einkommensabhängig ausgezahlt wird und daher „Einkommen“ darstellt, erhält 300 Euro Elterngeld jeder, der ein Kind hat, ganz unabhängig davon, ob er vorher gearbeitet hat oder nicht. Die 300 Euro sind damit aus sächsischer Sicht kein Einkommen. Der Progressionsvorbehalt gilt unter anderem auch beim Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld.

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