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Politik: Ende der Privilegien?

Gesundheitsministerin Schmidt will Vorrechte der Privatpatienten so schnell wie möglich abschaffen

Berlin - Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) will bereits im kommenden Jahr gravierende Reformen im Gesundheitswesen durchsetzen. Ärzte sollen von Kassen- wie von Privatpatienten künftig dieselben Honorare erhalten, die Privilegierung von Privatpatienten soll damit ein Ende haben. „So schnell wie möglich“, auf jeden Fall aber im nächsten Jahr, soll dieser Plan umgesetzt werden, sagte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag. Außerdem sollen private Krankenversicherungen verpflichtet werden, Menschen, die ihren Versicherungsschutz bei einer privaten Kasse verloren haben, wieder aufzunehmen.

Zuvor hatte Schmidt in mehreren Interviews weitere Reformen angekündigt. So will sie die Fusion von Krankenkassen – auch verbandsübergreifend – unterstützen, um Verwaltungskosten zu sparen. Von jetzt bundesweit 262 sollen dann nur noch 30 bis 50 Kassen übrig bleiben. Außerdem forderte Schmidt, dass künftig mehr Bürger Beiträge in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen sollen.

In Unionskreisen herrschte Verwunderung über die Vorstöße. Das Ende der Privilegierung der Privatpatienten stehe so nicht im Koalitionsvertrag. Deshalb sei es auch unwahrscheinlich, dass daraus ein Gesetz werde, hieß es. Im Gesundheitsministerium hingegen ist man der Ansicht, dass der Vorstoß sehr wohl durch den Koalitionsvertrag gedeckt ist.

Die Vorstellungen der Ministerin lösten bei Versicherern und Ärzten Entsetzen aus. Schmidt halte offensichtlich an ihrem Ziel fest, „die private Krankenversicherung abzuschaffen“, sagte der Chef des Verbands der privaten Krankenversicherung, Reinhold Schulte. Er wies darauf hin, dass die privaten Versicherer allein im vergangenen Jahr das Gesundheitssystem mit mehr als 8,5 Milliarden Euro gestützt hätten. „Viele Arztpraxen könnten sich ohne Privatversicherte nicht mehr halten.“ Wenn die Leistungen für gesetzlich und privat Versicherte gleich honoriert würden, werde dies viele Ärzte in Existenznot bringen, hieß es auch bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Ein Drittel der 100000 Arztpraxen ist schon heute kaum noch in der Lage, Rücklagen zu bilden“, sagte KBV- Sprecher Roland Stahl. Nur mit einer Mischfinanzierung könnten viele überleben, die höheren Honorare der privaten glichen die geringeren Einnahmen aus der gesetzlichen Versicherung aus.

Dagegen lobte die Barmer Ersatzkasse, das Vorhaben. „Es ist richtig, gleiches Geld für gleiche Leistung zu zahlen“, sagte Barmer-Chef Eckart Fiedler dieser Zeitung. Im Vordergrund müssten Qualität und Wirtschaftlichkeit stehen, nicht die Höhe der Honorierung. Nur für eine besonders gute Behandlung solle es auch höhere Honorare geben. Einnahmeausfälle bei den Ärzten müssten durch mehr Anstrengungen in Richtung Qualität kompensiert werden. Auch Verbraucherschützer begrüßten Schmidts Pläne. Die Diskriminierung von Kassenpatienten müsse beendet werden, sagte der Gesundheitsexperte des Verbands der Verbraucherzentralen, Thomas Isenberg. Auch die verbandsübergreifende Fusion von Kassen sei richtig. „Eine Hand voll starker Kassen reicht.“ Allerdings müssten diese dann auch mehr Kompetenzen bekommen, Verträge mit Ärzten und Krankenhäusern auszuhandeln.

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