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Energie: Auch Atomkraftwerke machen bei Hitze schlapp

Wenn die Flüsse zu warm werden, muss die Leistung der Meiler gedrosselt werden – vor allem am Rhein wird es kritisch.

Wenn es um die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke geht, argumentieren die Berliner Koalitionspolitiker oft damit, dass die Reaktoren und die Kohlekraftwerke unabhängig vom Wetter seien. Diese sogenannten Grundlastkraftwerke garantierten eine stetige Stromproduktion, weil ihr Betrieb anders als Windräder oder Sonnenzellen nicht vom gerade herrschenden Wetter abhängt. Die anhaltende Hitzewelle zeigt aber, dass auch die großen Atom- und Kohlekraftwerke nicht wetterfest sind.

Einige Betreiber müssen bereits die Leistung der Kraftwerke drosseln, um die ohnehin warmen Flüsse durch eingeleitetes Kühlwasser nicht mehr als genehmigt aufzuheizen. Das Atomkraftwerk Unterweser, Betreiber ist Eon, produziert seit Anfang Juli weniger Strom. Die elektrische Leistung wurde von 1345 auf 550 Megawatt reduziert. Am Montag musste Eon auch das Akw Brokdorf in Schleswig-Holstein für drei Stunden um 50 Megawatt drosseln. Die Unterelbe hatte nach Angaben der zuständigen Aufsichtsbehörde in Kiel den Richtwert von 23 Grad um ein Grad überschritten. Die beiden anderen schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel, die ebenfalls an der Elbe liegen, sind nach Pannen seit drei Jahren ohnehin abgeschaltet.

Für die einzelnen Flüsse beziehungsweise Flussabschnitte gelten unterschiedliche Temperatur-Grenzen, bei deren Erreichen die Leistung der Kraftwerke heruntergefahren wird. Die ökologisch absolut kritische Marke sind 28 Grad – bei diesem Wert kippen die Gewässer, der Sauerstoffgehalt sinkt dramatisch, und es droht ein Fischsterben. Bei 28 Grad müssen alle Großkraftwerke vom Netz. Ein Problem dieser Anlagen ist, dass sie die Energie nur zu gut einem Drittel in Strom umwandeln können. Der Rest ist Wärme, die über die Luft oder das Wasser entsorgt wird.

Am Rhein und am Neckar in Baden-Württemberg wurden am Dienstag an einigen Stellen schon 25 Grad gemessen. Drei Staustufen des Neckars mussten zusätzlich belüftet werden, um das Sinken des Sauerstoffgehaltes zu verlangsamen. Landesumweltministerin Tanja Gönner (CDU) hält von der kommenden Woche an Einschränkungen des Kraftwerksbetriebs für möglich. Mit jedem Hitzetag steige die Wassertemperatur, sagte sie. Die weitere Entwicklung werde deshalb „sehr sorgfältig“ beobachtet. Ein Ministeriumssprecher in Stuttgart sagte am Freitag, die Lage habe sich „auf hohem Niveau leicht entspannt“.

Die Fische in Rhein und Neckar litten bereits jetzt unter bedrohlichem Hitzestress, hält der BUND-Landesverband Baden-Württemberg dagegen: „Die Flüsse stehen kurz vor einem Kollaps.“ Besonders betroffen seien Wanderfischarten wie Lachs und Meerforelle. Steige die Wassertemperatur auf mehr als 23 bis 25 Grad, gerieten diese Fische unter Stress und stellten ihr Wanderverhalten ein, bis die Temperaturen wieder sinken.

Bei den Atomkraftwerken von RWE gibt es nach Konzernangaben bislang keine Einschränkungen. Die Anlage in Gundremmingen (Bayern) liege beispielsweise am Oberlauf der Donau, der ohnehin recht kühl sei. Das Akw Biblis werde zwar mit Wasser aus dem Rhein gekühlt. Dort sei aber ein Kühlturm zwischengeschaltet und der Puffer damit größer. Am Akw Isar 1 hat Betreiber Eon nach eigenen Angaben ebenfalls eine neue Kühlanlage in Betrieb genommen. Dadurch werde der Fluss kaum noch durch direkt abgeleitetes Kühlwasser erwärmt.

In den vergangenen Jahren mussten Kraftwerke ihre Leistung schon mehrfach wegen der hohen Temperaturen drosseln. Besonders im „Jahrhundertsommer“ 2003, als es schon im Frühjahr sehr heiß war, wurde die Stromproduktion in Deutschland beeinträchtigt. Mehrere Akw und Kohlekraftwerke wurden vorübergehend abgeschaltet. Niedrige Pegelstände der Flüsse verschärften die damalige Situation noch. Aber auch 2006 musste die Leistung mehrerer Akw heruntergefahren werden, weil die Flüsse zu warm waren.

Umweltschützer verfolgen die Entwicklung mit Genugtuung. Aus ihrer Sicht zeigen die hitzebedingten Abschaltungen oder Leistungsreduktionen einmal mehr, dass die Meiler überflüssig sind.

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