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Energiepolitik: G8 akzeptieren deutschen Sonderweg

Die G8-Staaten haben sich in St. Petersburg auf einen Kompromiss bei der umstrittenen Zukunft der Kernenergie geeinigt. Dabei wird die deutsche Sonderrolle im Abschlussdokument akzeptiert.

St. Petersburg - Die G-8-Staaten haben sich wegen der deutschen Festlegung auf den Atomausstieg nicht auf eine gemeinsame Haltung zur Nutzung der Atomenergie einigen können. In den am Sonntag verabschiedeten Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs beim Gipfel in St. Petersburg hieß es, es werde anerkannt, dass die G-8-Staaten «bei Energiesicherheit und Klimaschutz unterschiedliche Wege» verfolgten. Damit ist vor allem Deutschland gemeint, das durch den Koalitionsvertrag an den Ausstieg aus der Kernenergie gebunden ist, während die übrigen G-8-Staaten die Atomkraft teilweise sogar ausbauen wollen. Darüber hinaus verpflichteten sich die G-8-Staaten in ihrer Erklärung zu «offenen und transparenten» Energiemärkten.

Die Gipfelerklärung widmete der Nuklearenergie einen eigenen Absatz. Ausdrücklich wurde darin darauf verwiesen, dass die Atomkraft zu Sicherheit der weltweiten Energieversorgung beitrage und zugleich das Klima nicht belaste. Einschränkend hieß es dazu, dies betreffe nur die Länder, die die Nutzung und den Ausbau der Nuklearenergie planten. Die Bundesregierung hatte bereits im Vorfeld des Gipfels bekräftigt, dass nur eine Erklärung unterschrieben werde, die dem Koalitionsvertrag Rechnung trage. In dem Vertrag hatten SPD und Union vereinbart, an dem zwischen der rot-grünen Vorgängerregierung und der Industrie ausgehandelten Atomausstieg festzuhalten.

CSU fordert längere Laufzeiten

In Deutschland sorgte das Thema Atomkraft unterdessen erneut für offenen Streit. Die Industrie sowie Bundeswirtschaftsminister Michael Glos und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (beide CSU) beharrten auf ihren Forderungen nach längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke. Glos schrieb in einem Gastbeitrag für die «Bild am Sonntag», Deutschland leiste sich international mit dem Ausstiegsbeschluss einen «Sonderweg». Die meisten übrigen Länder hätten verstanden, «dass sie die Kernenergie für eine sichere Versorgung der Verbraucher und der Wirtschaft mit preiswerter Energie brauchen» und nur so die Klimaschutzziele erreicht werden könnten. Deutschland dürfe zudem nicht zu abhängig von Energieimporten aus politisch instabilen Regionen werden.

Stoiber sagte der «Passauer Neuen Presse» vom Samstag, Deutschland habe nach wie vor die sichersten Kraftwerke. «Die Atomkraft kann noch nicht ersetzt werden durch regenerative Energien. Die Atomenergie würde ersetzt durch mehr Gas, mehr Öl, mehr Kohle. Das kann auch nicht der Weg sein.» Deutschland braucht «mehr Zeit, um Kernenergie zu ersetzen». Deshalb müssen die Restlaufzeiten der Kernkraftwerke verlängert werden. Auch die deutsche Industrie hatte sich ein «klares Bekenntnis» des G-8-Gipfels zur Kernenergie erhofft. Der Energiekonzern RWE warnte vor einer internationalen Isolation Deutschlands.

USA blockieren WTO-Beitritt Moskaus

Bei einem anderen Wirtschaftsthema hatte der G-8-Gipfel mit einer herben Enttäuschung für den Gastgeber begonnen. Trotz stundenlanger Verhandlungen konnten sich Russland und die USA überraschend nicht auf ein Abkommen verständigen, das Moskau den Weg in die Welthandelorganisation WTO geebnet hätte. In den vergangenen Tagen hatte es übereinstimmend geheißen, die Verhandlungen über ein bilaterales WTO-Abkommen zwischen Moskau und Washington stünden kurz vor dem Abschluss. Nach einer nächtlichen Marathonsitzung teilten die Verhandlungsführer dann mit, es gebe keine Einigung.

Das Abkommen sei «fast» fertig, sagte US-Präsident George W. Bush nach einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es bleibe aber «noch Arbeit zu tun». Putin betonte, trotz der freundschaftlichen Beziehungen zu den USA werde Russland bei den Verhandlungen weiter seine nationalen Interessen verteidigen. Für den Beitritt Russlands zu der 149 Mitglieder zählenden WTO, den Moskau bereits 1993 beantragt hatte, fehlt nur noch ein bilaterales Abkommen mit den USA.

(tso/AFP)

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