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Energiepolitik: Glos entfacht Streit um Atomkraft neu

Die Union hat den Streit um den Atomausstieg mit dem Koalitionspartner SPD nach dem Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) neu angeheizt.

Berlin - CSU-Chef Edmund Stoiber macht Druck und will, dass das Thema schon bei der ersten Klausur des Bundeskabinetts Anfang kommender Woche auf der Tagesordnung steht. Man müsse mit der SPD darüber sprechen, ob es angebracht sei, die sichersten Atomkraftwerke zum Teil schon in dieser Wahlperiode abzuschalten, sagte er am Dienstag am Rande der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth. Glos beharrte angesichts des Gas-Streits zwischen Russland und der Ukraine auf der Debatte. SPD-Politiker warnten davor, am Atomausstieg zu rütteln.

Der Parlamentarische Umweltstaatssekretär Michael Müller (SPD) sagte dem RBB: «Wir haben eine klare Regelung im Koalitionsvertrag, und wir werden koalitionstreu bleiben.» Er «würde den Teufel tun, die unsicherste Energieform jetzt ins Zentrum zu rücken.» Glos kündigte hingegen an, das Thema werde auch auf dem «Energiegipfel» bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Rolle spielen. Vor dem Hintergrund des Gasstreits müsse die Frage gestellt werden, ob es «nach dem technisch Möglichen geht oder nach den willkürlich festgelegten Betriebsstunden». Der Koalitionsvertrag sei das eine, Zusammenarbeit über eine lange Wegstrecke das andere.

In den Koalitionsverhandlungen hatten Union und SPD sich nicht über eine Verlängerung der Laufzeiten einigen können. Sie legten im Vertrag fest, dass an der Vereinbarung zwischen der rot-grünen Bundesregierung und den Energieversorgern vom Jahr 2000 zum Atomausstieg nicht gerüttelt werden soll. Merkel hatte den Energiegipfel in ihrer Regierungserklärung Ende November angekündigt, dort aber noch nicht das Thema Atomkraft genannt.

Forschungsministerin Annette Schavan und Unions-Fraktionsvize Katherina Reiche (beide CDU) stellten den Atomausstieg in Frage. Schavan sagte der «Leipziger Volkszeitung»: «Wichtig ist, wie wir dauerhaft unabhängig im Blick auf die Energieversorgung sind und wie wir vernünftige Strompreise garantieren können.» Deshalb dürfe die Atomenergieforschung «auf keinem Feld» eingestellt werden. Reiche sagte der dpa: «Einen kompletten Ausstieg aus der Kernenergie können wir uns nicht leisten.» Auch die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Niedersachsen, Günther Oettinger und Christian Wulff (beide CDU) wollen, dass die Laufzeiten über 2021 verlängert werden.

Die SPD wies die Forderungen zurück. «Die CDU muss da mit sich alleine verhandeln, für uns ist das Thema abgeschlossen», sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber der «Berliner Zeitung». «Herr Glos sollte wissen, wann eine Schlacht verloren ist.» Müller nannte die Atomkraft die «ineffizienteste Nutzungsform der Energie». Er forderte Glos in der «Welt» (Mittwoch) auf, nicht am Atomausstieg zu rütteln. SPD- Generalsekretär Hubertus Heil betonte im Fernsehsender N24, Glos gebe nur seine private Meinung wieder.

Grünen-Fraktionsvize Reinhard Loske meinte, eine Verlängerung der Laufzeiten der Atommeiler gefährde Sicherheit und Energieversorgung. Die Umweltorganisation Greenpeace forderte, Solartechnik und Erdwärme stärker zu fördern. Der Naturschutzbund NABU warnte mit Blick auf den 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im April vor Verantwortungslosigkeit.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die FDP-Bundestagsfraktion unterstützten Glos hingegen. Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) plädierte in einem dpa-Gespräch dafür, die Atomkraftwerke 10 bis 15 Jahre länger als geplant zu betreiben. (tso/dpa)

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