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Energieversorgung: Bayern will Länder-Wettrennen um Atomausstieg anführen

Der grüne Wahlsieg in Baden-Württemberg hat Bayerns Christsoziale offenbar nachhaltig beeindruckt: Umweltminister Söder will nun sogar schneller auf erneuerbare Energien umstellen als das Nachbar-Bundesland.

Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) hat ein Wettrennen der Bundesländer um den Ausstieg aus der Atomkraft angekündigt. „In Bayern betrachten wir das jetzt als Wettbewerb mit dem grün-roten Baden-Württemberg“, sagte der CSU-Politiker der „Frankfurter Rundschau“. „Wir werden sehen, welches der beiden Länder schneller der Umstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien schaffen kann.“ Wichtig sei, dass der Atomausstieg nicht auf die lange Bank geschoben werde.

Zugeständnisse an die Energieunternehmen lehnte Söder ab. „Es geht nicht um einen Kuhhandel, sondern um Sicherheit und die nationale Energieversorgung. Da gibt es keine Tauschgeschäfte“, sagte er. Es sei aber sinnvoll, wenn der Bund Gespräche mit den Energieversorgern aufnehme. Diese sollten die Chance nutzen und auf erneuerbare Energien umsatteln. Die Übertragung der Strommengen abgeschalteter Kernkraftwerke auf weiterlaufende Reaktoren lehnte Söder ab. „Es wäre das falsche Signal, weil man damit das Atomzeitalter verlängert“, sagte er.

CDU-Vize: Partei hat Energiewende verschlafen

Auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Ursula von der Leyen hat Versäumnisse ihrer Partei in der Atom-Politik eingeräumt. Man habe „die volle Dringlichkeit der notwendigen Energiewende“ verschlafen, sagte die Bundesarbeitsministerin der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Zugleich stellte sie sich demonstrativ auf die Seite von Umweltminister Norbert Röttgen, der als einer der ersten in der Union auf einen beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie gedrängt hatte.

Röttgen habe 2010 frühzeitig gemahnt, sagte von der Leyen. „Er war als Kenner der Materie vielen in der CDU voraus, die - wie ich auch - eine Katastrophe wie in Japan nicht für möglich gehalten hätten.“ Umso mehr habe Röttgen jetzt „die Glaubwürdigkeit, die Energiewende entschlossen umzusetzen“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte hat als Grundlage für einen Atomausstieg ein neues Gesetz und einen umfassenden gesellschaftlichen Dialog. DGB-Chef Michael Sommer sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag), er sei sich sicher, dass die Energieversorgungsunternehmen sich noch nicht geschlagen geben: „Die Extra-Profitmacher werden sich wehren. Deshalb ist eine neue gesetzliche Grundlage zwingend nötig.“    Sommer appellierte zugleich an die Bundesregierung, alle relevanten Kräfte an einen Tisch zu holen, auch die Opposition. „Wir brauchen eine Lösung, die von einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit getragen wird.“ Der Gewerkschafter fügte hinzu, ein schneller Umstieg von der Atom- auf alternative Energie biete riesige Chancen. Dadurch „hätten wir langfristig immense Wettbewerbsvorteile gegenüber den Staaten, die weiterhin auf Kernkraft setzen“.

RWE: Höhere Strompreise wegen Atommoratoriums

Nach der Klage des Energiekonzerns RWE gegen die Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis räumte Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) ein „juristisches und finanzielles Restrisiko“ der sofortigen Stilllegung älterer Meiler ein. Das Abschalten der Reaktoren auf Grundlage des geltenden Atomgesetzes sei dennoch „vertretbar“, sagte Krings der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Nach Einschätzung von FDP-Umweltexperte Michael Kauch drohen keine Schadenersatzansprüche der Energiekonzerne wegen des Atom-Moratoriums. Die Laufzeiten der deutschen Reaktoren seien als Reststrommengen festgelegt, sagte er der Zeitung. „Wenn die Meiler jetzt für drei Monate außer Betrieb sind, darf anschließend also mehr oder länger Strom produziert werden.“ Durch das Aussetzen der Laufzeit entstehe den Energieriesen somit kein relevanter Schaden.

Nach RWE-Schätzung drohen als Folge des Atommoratoriums der Bundesregierung höhere Strompreise: „Für Kunden von Versorgern, die sich jetzt zu hohen Börsenpreisen eindecken müssen, könnte sich das rein rechnerisch in einer Preiserhöhung von bis zu fünf Prozent niederschlagen“, sagte RWE-Vorstand Leonhard Birnbaum der „Rheinischen Post“ (Samstag). Er hält auch Engpässe in der Stromversorgung als Folge der Abschaltung von acht Meilern noch in diesem Jahr für möglich: „Schwierig könnte beispielsweise die Situation im Herbst werden, wenn der Wind an der Küste besonders stark weht, die Sonne weniger scheint und viel Strom nach Süden transportiert werden muss“, sagte Birnbaum. (dpa)

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