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Wollen die Energiewende auch in Frankreich voranbringen: Premierminister Valls (links) und Präsident Hollande.

© dpa

Energiewende in Deutschland und Frankreich: Gemeinsame Projekte, verzweifelt gesucht

Bei den gemeinsamen Investitionsprojekten, die Deutschland und Frankreich demnächst verkünden wollen, soll auch die Energiewende eine Rolle spielen. Allerdings driften beide Länder auf diesem Feld auseinander.

Die Energiewende soll nach dem Willen von Berlin und Paris zu den Pilotprojekten gehören, welche die beiden Nachbarländer auf der Suche nach geeigneten gemeinsamen Investitionsvorhaben vorantreiben wollen. So verkündete es Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron am Dienstag bei einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen Sigmar Gabriel (SPD) und den Finanzministern beider Länder. Macron sprach von einer deutsch-französischen „Agenda der Konvergenz“. Allerdings kann die vollmundige Ankündigung nicht darüber hinwegtäuschen, dass Berlin und Paris in der Energiepolitik immer noch denkbar unterschiedlich ticken: Frankreich setzt nach wie vor überwiegend auf Atomstrom, Deutschland – die Aufspaltung des Energieriesen Eon zeigt es – befindet sich schon mitten in der Energiewende. Gabriel schlug nach dem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen in Berlin vor, dass beide Länder nach dem Muster der Wiedervereinigung nun in Projekte der europäischen Einheit investieren sollten, um die Wettbewerbsfähigkeit des alten Kontinents zu sichern. In den nächsten Wochen soll eine Liste gemeinsamer Investitionsprojekte vorgestellt werden. Doch während die Erneuerbaren Energien als Zukunftstechnologie in Deutschland massiv ausgebaut werden, kommt Frankreich auf diesem Feld nur vergleichsweise schleppend voran.

Paris bleibt der Kernenergie treu

Zwar erklärte Präsident François Hollande am vergangenen Donnerstag bei einer Umweltkonferenz im Elysée-Palast, dass Frankreich bei der Energiewende mit gutem Beispiel vorangehen wolle. Doch ein Abschied von der Kernenergie zeichnet sich im Nachbarland – anders als in Deutschland – nicht ab. Laut einem Gesetz zum „grünen Wachstum“, das in der Pariser Nationalversammlung Anfang kommenden Jahres zur Verabschiedung ansteht, soll der Anteil der Kernenergie an der Stromproduktion im Jahr 2025 immer noch 50 Prozent betragen. Derzeit liegt der Anteil bei rund 75 Prozent. Nach dem geplanten Energiegesetz ist allerdings unklar, wie lange das umstrittene Kraftwerk in Fessenheim an der deutsch-französischen Grenze noch am Netz bleiben wird.
In beiden Ländern lag der Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch nach Angaben der EU-Kommission im Jahr 2012 ungefähr auf gleichem Niveau: Während Wind-, Sonnenenergie und andere alternative Quellen in Deutschland 12,4 Prozent des Verbrauches ausmachten, waren es in Frankreich sogar 13,7 Prozent.
Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie dürften die Erneuerbaren in den nächsten Jahren hierzulande aber einen deutlich stärkeren Boom erleben als im Nachbarland. Für das Jahr 2030 wurde beim letzten EU-Gipfel im Oktober die Zielmarke von mindestens 27 Prozent bei den Erneuerbaren für die gesamte EU ausgegeben – verbindliche nationale Ziele gibt es allerdings nicht.
Bis zum Jahr 2020 will Frankreich den Anteil der Erneuerbaren am Gesamtenergieverbrauch auf 23 Prozent steigern. Diesem Ziel soll unter anderem ein Windpark dienen, den Premierminister Manuel Valls am Dienstag an der Atlantikküste in der Nähe von Saint-Nazaire eröffnete. An dem Unternehmen sind sowohl der französische Energieversorger EdF als auch der Alstom-Konzern beteiligt, dessen Energiegeschäft inzwischen zum Großteil der US-Industriekonzern General Electric (GE) übernommen hat.

Frankreich hinkt bei Onshore-Windkraft hinterher

Bei der Offshore-Energieerzeugung könnte Frankreich immerhin eine Entwicklung nachholen, die das Land in der Vergangenheit bei der Onshore-Windkraft verschlafen hat. Wie sehr Frankreich beim Ausbau der Windkraft auf dem flachen Land gegenüber Deutschland zurückliegt, zeigt der Vergleich der Beschäftigten in diesem Bereich: 2012 waren in Frankreich rund 10.000 Personen mit der Stromerzeugung aus Onshore-Windkraft beschäftigt. In Deutschland waren es damals etwa zehnmal so viel – nämlich 104.000 Menschen.

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