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Die Kohlekommission soll im Herbst ein Konzept dazu vorlegen, wie Strukturbrüche in den Kohleregionen verhindert werden können.

© DPA/ Federico Gambarini

Update

Energiewende: Streit um Hambacher Forst überschattet Arbeit der Kohlekommission

An diesem Mittwoch kommt die Kommission zum Ausstieg aus dem Kohlestrom wieder zusammen. Die Debatte bestimmt ein Wald in NRW, der gar nicht auf der Tagesordnung steht.

Begleitet von Demonstrationen tagt am Mittwoch in Berlin zum vierten Mal die Kommission für die Vorbereitung des Kohleausstiegs. Schon im Oktober sollen erste Ergebnisse vorliegen - aber der erbitterte Streit um die Rodung des Hambacher Forsts in Nordrhein-Westfalen belastet die Verhandlungen über einen Weg aus der Kohlestrom-Produktion und den Strukturwandel in den betroffenen Regionen.

Zum Auftakt der Sitzung hat die Initiative Campact Proteste gegen die vom Energiekonzern RWE geplante Abholzung vor dem Bundeswirtschaftsministerium angekündigt. Der Hambacher Wald gilt als Symbol des Widerstands gegen die Braunkohle. RWE will im Herbst mehr als die Hälfte des übrig gebliebenen Waldes roden, um weiter Kohle baggern zu können. Dagegen gibt es massive und teils gewalttätige Proteste.

Vor dem Berliner Ministerium demonstrieren will auch die Bergbau-Gewerkschaft IG BCE. Ihre Versammlung unter dem Motto „Schnauze voll von Gewalt“ richtet sich gegen gewalttätige Auseinandersetzungen um den Hambacher Wald. Vertreter der Braunkohleunternehmen, auch von RWE, sollen am Vormittag in der Kommission zu Wort kommen.

BUND droht mit Ausstieg aus der Kommission

Die Kohlekommission soll im Herbst ein Konzept dazu vorlegen, wie die Wirtschaft in den Kohleregionen in Nordrhein-Westfalen und Ostdeutschland so umgebaut werden kann, dass der Kohleausstieg nicht zu Strukturbrüchen führt. Bis Ende des Jahres soll außerdem ein Plan für den Abschied von der Kohle inklusive eines Enddatums vorliegen.

RWE sieht in der - bereits genehmigten - Rodung im Hambacher Forst eine wirtschaftliche Notwendigkeit, die Umweltverbände dagegen eine Provokation, die die Arbeit der Kommission gefährde.

Ähnlich hatte sich auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) geäußert - und bekommt dafür nun Ärger von der Bergbaugewerkschaft IG BCE. Die Gewerkschaft habe „mit großer Verwunderung“ zur Kenntnis genommen, dass Schulze sich die Forderung eines Rodungs-Aufschubs im Hambacher Forst zu Eigen gemacht habe, heißt es in einem Schreiben von IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis an die Ministerin. „Auch die Kolleginnen und Kollegen im Rheinischen Revier hat diese Aussage sehr irritiert.“ Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Später verteidigte Schulze ihre Forderung nach einem Aufschub der Rodung. Wenn diese Frage für einen Teil derer, die derzeit in einer Kommission über den deutschen Kohleausstieg verhandeln, eine hohe symbolische Bedeutung habe, „dann sollten wir das ernst nehmen und nach einem Weg suchen, den Rahmen für einen gesellschaftlichen Konsens zu setzen“, schrieb die SPD-Politikerin in einem Brief an IG-BCE-Chef Vassiliadis.

Der Umweltverband BUND hatte wegen der angekündigten Baumfällarbeiten mit einem Ausstieg aus der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ gedroht, damit wäre das Konzept eines breiten gesellschaftlichen Kompromisses gefährdet. Schulze hatte den RWE-Konzern am vergangenen Freitag aufgefordert, während der Arbeit der Kohlekommission auf die Rodungen zu verzichten. „Wenn ein gesellschaftlicher Konsens organisiert werden soll, dann dürfen während einer solchen Phase keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden“, hatte sie gesagt.

Grüne werfen Merkel fehlende Entschlossenheit vor

Vassiliadis schrieb nun an Schulze, die „Schlichtung tagespolitischer Auseinandersetzungen“ gehöre nicht zu den Aufgaben der Kommission. Wer die Arbeit der Mitglieder mit derartigen Diskussionen belaste, erschwere die Suche nach einem gemeinsamen Ergebnis.

Bei der Durchsuchung eines Aktivistencamps am Hambacher Wald hatte die Polizei am Dienstag Pyrotechnik, Zwillen, Stichwaffen und Material für Brennsätze sichergestellt. 21 Menschen wurden in Gewahrsam genommen, weil sich ihre Identität vor Ort nicht feststellen ließ. Drei Personen wurden festgenommen, unter anderem weil sie nach Angaben der Polizei Widerstand leisteten.

Die Grünen warfen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fehlende Entschlossenheit beim Klimaschutz vor. „Wer nicht bereit ist, das EU-Klimaziel nachzubessern, hat den Pariser Klimavertrag nicht verstanden“, sagte Parteichefin Annalena Baerbock mit Blick auf Merkels ablehnende Haltung zu ehrgeizigeren EU-Klimazielen. Anders sei das Klimaabkommen nicht zu erfüllen. Merkel hatte sich gegen Pläne der EU-Kommission für ehrgeizigere Klimaschutzziele gewandt. (dpa)

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