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Enführte Deutsche im Jemen: Gefährliche Wendung

Die Entführer der drei Deutschen im Jemen fordern nun die Freilassung von zwei Terror-Helfern. Welche Rolle spielt die Al Qaida?

Die Entführer der drei Deutschen im Jemen wollen offenbar zwei Al-Qaida-Unterstützer freipressen, die 2003 in Deutschland verhaftet und anschließend an die USA ausgeliefert worden sind. Wie die Behörden in der Hauptstadt Sana mitteilten, verlangen die Kidnapper jetzt auch die Freilassung von Scheich Mohammed Ali al Moayad und seines Komplizen Mohammed Zayed, die beide in amerikanischer Haft sitzen. Al Moayad wurde im Juli 2005 von einem Bundesgericht in New York wegen Verbindungen zu Al Qaida zu 75 Jahren Gefängnis verurteilt, Zayed zu 45 Jahren. Ein Berufungsgericht ordnete im Oktober ein Wiederaufnahmeverfahren an. Die Verbindung beider Fälle zu Deutschland könnte darauf hindeuten, dass sich inzwischen auch Al-Qaida-Terroristen in die Geiselnahme eingeschaltet haben.

Zunächst hatte es so ausgesehen, als sei die Entführung der GTZ-Mitarbeiterin und ihrer Eltern durch fünf bewaffnete Angehörige des Bani-Dhabian-Stammes ausgelöst worden durch einen Streit um Landbesitz. Mehr als 200 Ausländer sind in den vergangenen 15 Jahren wegen solcher Clan-Konflikte gekidnappt worden. Alle diese Entführungen endeten unblutig. Anfang der Woche hatten die Geiselnehmer zunächst die Freilassung von zwei Angehörigen gefordert, die im Gefängnis sitzen, sowie eine finanzielle Entschädigung von 200 000 Dollar für einen Grundstücksverkauf, bei dem sich der Clan übervorteilt fühlt. Am Mittwoch hatten die Kidnapper mit den Geiseln den Standort gewechselt, nachdem ein Hubschrauber ihr Versteck überflogen hatte.

Die Forderung nach der Freilassung von Al-Qaida-Häftlingen gibt der Entführung eine gefährliche Wendung. Der eine der beiden, der 60-jährige Scheich Mohammed Ali al Moayad, war Berater des jemenitischen Ministers für religiöse Stiftungen im Rang eines Staatssekretärs und wurde am 10. Januar 2003 in Frankfurt am Main aufgrund eines amerikanischen Haftbefehls festgenommen. Die deutschen Behörden lieferten ihn am 16. November 2003 an die USA aus. Sein Fall beschäftigte auch das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Al Qaida ist im Jemen, der väterlichen Heimat Osama bin Ladens, stark verwurzelt. Von der Schlauchboot-Attacke im Jahr 2000 mit 17 Toten auf das amerikanische Kriegsschiff USS Cole in Aden zieht sich eine blutige Spur bis zu dem Großangriff im vergangenen September auf die amerikanische Botschaft in Sana, der 17 Menschen das Leben kostete. Viele der Opfer der vergangenen Jahre sind Passanten, Touristen oder Schülerinnen, wie bei einem missglückten Anschlag auf die US-Mission im März, als die Rakete in einer Schule nebenan einschlug. Im Januar erschossen Al-Qaida-Attentäter zwei belgische Touristen. Im Juli 2007 fuhr ein Selbstmordattentäter seinen Wagen in den Konvoi einer Reisegruppe.

Für Osama bin Laden ist Jemen die ideale Ausgangsbasis im Kampf gegen die verhasste saudische Königsfamilie im Nachbarland und deren Verbündete in Washington. Er will, dass die USA aus der Region verschwinden – eine Haltung, die die große Mehrheit der jemenitischen Bevölkerung teilt. Entsprechend schwankend ist das Verhalten der Regierung im „Krieg gegen den Terror“. Nach außen gibt sich Präsident Ali Abdallah Saleh den USA gegenüber kooperativ wie kaum ein anderer arabischer Potentat. Nach innen jedoch schaut man oft weg und lässt die auf 1500 Mitglieder geschätzten Al-Qaida-Zellen gewähren. So entkamen 2006 23 Al-Qaida-Häftlinge aus dem Zentralgefängnis von Sana. Rund 2000 junge Jemeniten kämpften als Gotteskrieger im Irak. Und die Hintermänner des jüngsten Anschlags auf die amerikanische Botschaft laufen weiter frei herum.

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