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Früh übt sich...

© picture-alliance/dpa

Englisch als Weltsprache: Endlich verstehen wir uns

Der Traum von einer globalen Verständigung über Grenzen, Kulturen und Eigenarten hinweg wird langsam Wirklichkeit. Big Data und dem Englischen sei Dank! Ein Kommentar

Ein Kommentar von Malte Lehming

Die biblische Erzählung vom Turmbau zu Babel ist eine von mehreren Sündengeschichten. Sie reiht sich ein in die Vertreibung aus dem Paradies, den Brudermord von Kain an Abel, die Sintflut. Gott bestraft die Menschen für Abfall, Ignoranz und Arroganz. „Dass sie nicht verstehen einer die Sprache des anderen“: Seitdem gibt’s babylonische Verwirrung. Sie begrenzt Ambitionen.

Ebenso alt wie diese Geschichte ist der Traum von einer globalen Verständigung über Grenzen, Kulturen und Eigenarten hinweg. Zwei Entwicklungen haben dazu geführt, dass dieser Traum der Wirklichkeit nun sehr nahe gekommen ist. Das sind zum einen immer perfektere Übersetzungsprogramme. Auch durch den Einsatz von Big Data könnte es bald möglich sein, via Skype mit einem Menschen live in einer fremden Sprache zu kommunizieren, die dann simultan übersetzt wird. Wörterbuch ade.

Da ist zum anderen der Aufstieg des Englischen zur Weltsprache. Wer als Spanier, Finne oder Deutscher nach China oder Indien reist, sollte möglichst Englisch sprechen. Dasselbe gilt für jeden, der in der Weltwirtschaft oder den Naturwissenschaften Erfolg haben will. Englisch ist zu einer internationalen Verkehrssprache geworden. Kein deutscher Naturwissenschaftler kann es sich noch erlauben, nicht auf Englisch zu publizieren. Dazu beigetragen haben viele Faktoren: der Einfluss der Supermacht USA, der Erfolg amerikanischer Universitäten, die Ausbreitung der Popmusik, Hollywood, das Internet und die digitale Revolution.

Die NPD redet statt vom „Internet“ lieber vom „Weltnetz“

Das mag man bedauern, ändern lässt es sich nicht mehr. Kulturpessimismus ist daher ungefähr so sinnvoll, wie es der Aufstand der Maschinenstürmer vor 200 Jahren gegen Dreschmaschinen und mechanische Drehstühle war. Ja, die Verhunzung des Deutschen durch Anglizismen ist oft eine Plage. Symptomatisch dafür ist die Frage: Wie heißt es richtig – „Ich habe gedownloadet“ oder „Ich habe downgeloadet“? Dass man auch „herunterladen“ sagen kann, wissen einige Schüler gar nicht.

Doch das eine (schlechtes Deutsch zu sprechen) resultiert nicht notwendig aus dem anderen (Englisch sprechen zu können). Die diversen Sprachschutzgesetze etwa, die in Frankreich gegen das „Franglais“ erlassen wurden, sind wirkungslos verpufft. Und wenn die NPD statt „Internet“ lieber vom „Weltnetz“ redet, um die Sprache rein zu halten, wirkt das vor allem lächerlich. Eine „reine“ Sprache ist ohnehin Utopie. Wer durch die globale Dominanz des Englischen die Vielfalt anderer Sprachen bedroht sieht, kann sich ebenso gut über das Neuhochdeutsche beschweren, das andere deutsche Sprachen verdrängt hat.

Sprache lebt. Sie verändert und wandelt sich. Englisch ist Lingua franca geworden. Daraus folgt nicht, Anglizismen schicksalsergeben als Bereicherung zu verstehen. Die meisten sind keine. Aber um sich in der Welt von heute orientieren und in ihr kommunizieren zu können, reicht die Beherrschung der eigenen Sprache nicht mehr aus. Dieser Einsicht sollte sich niemand verweigern.

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