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Entführung im Jemen: Chrobogs sind zurück in Deutschland

Nach drei Tagen Geiselhaft sind Jürgen Chrobog und seine Familie wieder zurück in Deutschland. Unterdessen wurden im Jemen fünf italienische Touristen entführt, drei davon kamen nach wenigen Stunden wieder frei.

Berlin/Aden - Nach einem Treffen mit dem jemenitischen Staatspräsidenten Ali Abdullah Salih hatten der 65-Jährige Jürgen Chrobog, seine Frau Magda und die drei erwachsenen Söhne am Neujahrstag mit einer Challengermaschine der Bundeswehr das arabische Land verlassen. Die Familie landete um kurz nach 20.00 Uhr auf dem Flughafen Köln-Wahn. Es ist derselbe Flughafen, auf dem Chrobog im August 2003 mit den Sahara-Geiseln gelandet war, die durch seine Vermittlung freigekommen waren.

Die Freilassung der Familie Chrobog wurde in Berlin mit Erleichterung aufgenommen. «Nach unserem ersten Eindruck hat die Familie die Geiselnahme, die mehrere Tage andauerte, ohne Schäden an Leib und Seele gesund überstanden», sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Samstag. Die Chrobogs seien zufällig Opfer geworden. Die Entführung habe keinen terroristischen Hintergrund gehabt, sondern gehe auf Stammesstreitigkeiten zurück.

Chrobog selbst betonte vor seinem Abflug aus Aden, die Geiselnehmer hätten ihn und seine Familie gut behandelt. Sie hätten zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, ihr Leben sei bedroht. Ihnen sei von Anfang klar gewesen, dass die Entführer weder politische noch terroristische Motive gehabt hätten.

Außenminister Steinmeier dankte besonders Jemens Staatspräsidenten für ein «engagiertes und umsichtiges Vorgehen». Auch Chrobog selbst dankte Salih, der maßgeblich an den Verhandlungen mit den Kidnappern beteiligt war, für seine Anstrengungen. Der Präsident sagte nach seinem 15-minütigem Gespräch mit Chrobog am Sonntag, sein Volk und seine Regierung verurteilten Entführungen wie die der deutschen Familie.

Die Familie Chrobog war am Silvestertag von Angehörigen eines jemenitischen Stammes freigelassen worden, der sie drei Tage lang festgehalten hatte. Die Geiselnehmer sind Mitglieder des Stammes der Abdallah. Sie hatten die Freilassung von fünf Stammesangehörigen verlangt, die im Gefängnis sitzen. Als Kompromiss schlugen sie dann vor, dass fünf Mitglieder des rivalisierenden Stammes der Al-Riad ebenfalls inhaftiert werden, um einen fairen Prozess für beide Parteien zu gewährleisten. Die jemenitische Regierung sagte dies zu und schuf so die Voraussetzung für die Freilassung der Chrobogs.

Nach Angaben von Stammesmitgliedern reisten am Samstag mehrere Scheichs, die vermittelt hatten, nach Aden um die Angelegenheit mit Präsident Salih zu erörtern. Von einer Verhaftung junger Stammesangehöriger sei ihnen nichts bekannt. Die staatliche Nachrichtenagentur Saba und der Sprecher der Botschaft in Berlin hatten berichtet, unmittelbar nach der Tat seien vier der Geiselnehmer gefasst worden.

Italienische Touristen entführt

In der Bergregion von Serwah im Osten des Landes hielten unterdessen Mitglieder eines anderen Stammes inzwischen zunächst fünf italienische Urlauber fest. Wenige Stunden nach der Entführung setzten die Kidnapper die drei Frauen der Gruppe wieder auf freien Fuß, teilten die Behörden am Sonntagabend in der ostjemenitischen Provinzhauptstadt Marib mit. Die Entführer hätten angekündigt, die beiden Männer so lange festzuhalten, bis ihre Forderungen erfüllt seien. Die Mitglieder des Al-Saidi-Stammes hatten die Italiener am Neujahrstag in ihre Gewalt gebracht, um die Freilassung inhaftierter Stammesmitglieder zu erzwingen.

In Berlin lobten Union, SPD und FDP die Leistung des Krisenstabes im Auswärtigen Amt. Der Minister und seine Mannschaft hätten «wieder einmal eindrucksvoll» ihre Leistungsfähigkeit und ihr diplomatisches Geschick unter Beweis gestellt, erklärte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla mit Blick auch auf die kürzlich erfolgreich bewältigte Geiselkrise um Susanne Osthoff im Irak. Ähnlich äußerte sich auch sein SPD-Kollege Hubertus Heil. FDP-Chef Guido Westerwelle würdigte ein «umsichtiges Wirken» des Krisenstabes. Die Linkspartei begrüßte, dass die Bundesregierung wie im Fall Osthoff dafür gesorgt habe, «dass die Entführung friedlich beendet werden konnte».

Chrobog war in seiner Zeit im Auswärtigen Amt ein geschätzter Krisenmanager. Im Jahr 2003 hatte er monatelang um die Freilassung von deutschen Sahara-Touristen verhandelt. (tso/dpa)

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