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Die Beschneidung soll gesetzlich geregelt werden. Gegend en Entwurf des Bundesjustizministeriums regt sich allerdings Widerstand.

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Update

Entwurf aus dem Bundesjustizministerium: Kinderpolitiker äußern Zweifel am Beschneidungsvorschlag

Der Widerstand gegen den Entwurf zur gesetzlichen Regelung von religiösen Beschneidungen wächst. In der Opposition werden Zweifel an dem Vorschlag laut. In der Linkspartei wird kontrovers diskutiert

Von Matthias Meisner

Die kinderpolitischen Sprecher von SPD, Grünen und Linken im Bundestag haben sich gemeinsam gegen den Entwurf des Justizministeriums zur Regelung der Beschneidung gewandt. „Dem vom Bundesjustizministerium vorgelegten Regelungsvorschlag, der darauf abzielt, die Beschneidung von Jungen grundsätzlich zu erlauben, können wir nicht zustimmen“, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Erklärung.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte vorgeschlagen, die Beschneidung jüdischer und muslimischer Jungen unter bestimmten Voraussetzungen straffrei zu stellen. Entscheidend sollen die fachgerechte Ausführung und umfassende Aufklärung sein.

Bilder: Die Debatte um religiöse Beschneidungen

Marlene Rupprecht (SPD), Diana Golze (Linke) und Katja Dörner (Grüne) betonten in einer Erklärung: „Es ist erschreckend, dass das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit bei den Überlegungen der Bundesregierung nur eine untergeordnete Rolle spielt.“ Die Linken-Politikerin Golze ging damit auch auf Distanz zu Fraktionschef Gregor Gysi, der die Pläne „okay“ genannt hatte. Gysi gibt zu, dass es in seiner Fraktion erhebliche Meinungsverschiedenheiten zum Thema gibt. Er selbst sagte an die Adresse von Kritikern in seiner Fraktion, die strikt gegen Beschneidungen sind: Wenn es 100.000 jüdische oder muslimische Männer gäbe, die die an ihnen vorgenommene Beschneidung als „Sauerei“ empfänden, würde die Linke „eine Art Bewegung vertreten“. Doch eine solche Bewegung kenne er nicht. Bei abgeordnetenwatch.de hatte Gysi im Juli geschrieben, die Unversehrtheit eines Kindes sei zwar wichtig. „Andererseits wissen wir natürlich auch, dass es schwerwiegend ist, mit einer tausendjährigen Tradition zu brechen.“ Zu bedenken sei auch, dass niemand etwas dagegen habe, dass viele Eltern kleinen Mädchen Löcher in die Ohren stechen lassen. „Mir scheint es aber auch eine Körperverletzung zu sein.“ Neun Politiker der Linken – unter anderem die stellvertretende Vorsitzende Caren Lay und der thüringische Fraktionschef Bodo Ramelow, früher religionspolitischer Sprecher, warnten, durch die Drohung mit dem Strafrecht erreiche man nicht weniger Beschneidungen, „sondern eine Verunsicherung und Stigmatisierung der Betroffenen“. Aufgabe der Linken sei es nicht, Vorschläge für die Änderung der Religionspraxis zu machen. „Wenn die Praxis einer Religion verändert werden soll, dann muss der Impuls von innen kommen.“

Auch der Kinderschutzbund schaltete sich in die Debatte ein. Er fordert, das Mitspracherecht von Jungen bei Plänen für deren Beschneidung gesetzlich zu verankern. Jungen im Grundschulalter müsste ein „Vetorecht“ gegen den Eingriff erhalten, sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers der „Passauer Neuen Presse“. „Sie müssen vom Arzt nach fachlicher Aufklärung gefragt werden, ob sie mit der Beschneidung einverstanden sind.“ Falls ein Junge Nein sage, müsse dies „in jedem Falle gelten“. Die vom Bundesjustizministerium vorgelegten Eckpunkte für ein Beschneidungsgesetz reichen Hilgers in diesem Punkt nicht aus. Dort ist lediglich festgehalten, dass „ein etwa entgegenstehender Wille des Kindes“ berücksichtigt werden soll. Die Ablehnung des Jungen muss aber den Eingriff nicht verhindern.

Hilgers verwies darauf, dass einige muslimische Kinder bei der Beschneidung schon sieben oder acht Jahre alt seien. Jüdische Jungen hingegen werden in der Regel im Alter von wenigen Tagen beschnitten.

Ein Kölner Urteil vom Mai hatte die Beschneidung als strafbar gewertet. Der Bundestag soll noch in diesem Jahr eine Neuregelung beschließen. Wegen unterschiedlicher Meinungen in den Fraktionen wird das Stimmverhalten möglicherweise freigestellt.

(mit dpa)

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