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Politik: Er ist so frei

Haider lässt Sozialminister Haupt den Vortritt als FPÖ-Spitzenkandidat - und kann weiter Opposition betreiben

Von Ulrich Glauber, Wien

Der österreichische Rechtspopulist Jörg Haider hat Ersatz für die scheidende Vize-Kanzlerin Susanne Riess-Passer gefunden. Haider wird auf dem Parteitag am Samstag kommender Woche zum Chef der „Freiheitlichen“ gewählt, als Spitzenkandidat bei den vorgezogenenen Parlamentswahl im Spätherbst, bei der eine Niederlage der FPÖ erwartet wird soll der bisherige Sozialminister Herbert Haupt antreten.

„Wir haben uns den Kopf zerbrochen, und herausgekommen ist ein Haupt“, hatte der Haider-Gefolgsmann am Donnerstag im österreichischen Rundfunk seine Kür durch die Parteileitung launig beschrieben. Die Medien kommentierten die bevorstehende Trennung von FPÖ-Vorsitz und Spitzenkandidatur weniger belustigt. Vom „letzten Aufgebot“ sprach die konservative Wiener Tageszeitung „Die Presse“, die dem bisherigen FPÖ-Koalitionspartner, der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), äußerst nahe steht.

Tatsächlich gehört der 55-jährige Haupt zu den älteren unter den FPÖ-Ministern, die ansonsten die Mitte der 40 noch nicht überschritten haben. Der Kärntner Tierarzt hatte bei der Reform des Gesundheitssystems und der Sozialversicherung keine besonders gute Figur gemacht, seit er im Herbst 2000 wenige Monate nach der Bildung der ÖVP/FPÖ-Koalition der völlig überforderten FPÖ-Parteikollegin Elisabeth Sickl folgte.

Alt-Parteiobmann Haider hatte sich nur zögerlich zur Wiederkandidatur als FPÖ-Chef beim kommenden Parteitreffen im burgenländischen Oberwart bereit erklärt. Selbst Riess-Passer, die wegen der ständigen Querschüsse des Regierungschefs von Kärnten am Montag sämtliche Funktionen niedergelegt hat, hatte Haider die Übernahme der Verantwortung in der Partei nahe gelegt – offenbar damit er für die Konsequenzen seiner mangelnden Loyalität gegenüber der FPÖ-Ministerriege geradesteht. Da der Kärntner Landeshauptmann allerdings weder zur Spitzenkandidatur noch zur Bewerbung um ein Parlamentsmandat bereit war, sprang sein Getreuer Haupt in die Bresche.

Der Vorsitzende der ÖVP, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, hätte sich nach eigenen Angaben Jörg Haider als FPÖ-Spitzenkandidat gewünscht. „Ich frage mich, warum er nicht selbst antritt“, sagte Schüssel am Donnerstag in Klagenfurt – der Wahlheimat Haiders. „Das wäre ehrlicher, wenn man zuvor eine erfolgreiche Regierungsarbeit beenden lässt“, betonte der Kanzler. Während Haupt eine neuerliche Regierungsbeteiligung der FPÖ als erstes Wahlziel bezeichnete, wollte sich Schüssel auf keine Koalitionsaussage festlegen. „Daher werden wir auch niemanden ausgrenzen“, sagte er. Ziel der ÖVP sei es, zur stimmenstärksten Partei zu werden.

Beobachter sind sich einig, dass Haupt und eine ganze Reihe von stellvertretenden Vorsitzenden – darunter Haiders Schwester Ursula Haubner – als Blitzableiter fungieren sollen. „Geht die Wahl verloren, waren sie es“, kommentierte die liberale Boulevardzeitung „Kurier“. Möglich ist zudem eine Arbeitsteilung während der Wahlkampagne, in der je nach Erfordernis Haupt für seriöse Konzepte und Haider für rauhbeinige Fundamentalopposition zuständig ist. Doch die erwartete Schlammschlacht dürfte herbe Stimmeneinbußen der FPÖ nach dem Scheitern ihrer Koalition mit der ÖVP nicht mehr verhindern.

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