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Erdgasstreit: Versorger erwarten keine Engpässe

Trotz eines möglichen Lieferstopps im russisch-ukrainischen Gaskonflikt rechnen die deutschen Versorger nicht mit Engpässen. Der russische Konzern Gasprom schloss eine Drosselung der Lieferungen nach Deutschland nicht aus.

Moskau/Kiew/Berlin - Die deutschen Erdgasversorger sehen trotz des eskalierenden Streits zwischen Russland und der Ukraine um Gaspreise einem möglichen Lieferstopp in dem Konflikt gelassen entgegen. Selbst wenn die Ukraine den Gashahn für die Transitpipeline von Russland nach Westeuropa vorübergehend zudrehen sollte, sei die deutsche Versorgung gesichert, teilte der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) am Mittwoch in Berlin mit. Im äußersten Fall könne die Bundesrepublik allein aus deutschen Gasspeichern rund 75 Tage lang versorgt werden.

Russland und die Ukraine suchten am Mittwoch in Moskau ohne große Hoffnung nach einem Kompromiss in dem Streit. Der russische Erdgasriese Gasprom droht der Ukraine im Streit um die zum 1. Januar geplante Erhöhung des Gaspreises mit einem Lieferstopp. Im Gegenzug kündigte die Ukraine an, sie werde aus den russischen Gasexporten über ihr Gebiet nach Westen 15 Prozent einbehalten.

Der ukrainische Energieminister Iwan Platschkow verhandelte mit seinem russischen Kollegen Viktor Christenko über die drohende Abschaltung russischer Gaslieferungen zum neuen Jahr. Russland zeigte sich weiter hart, während der ukrainische Ministerpräsident Juri Jechanurow in Kiew die geforderte Preiserhöhung um fast das Fünffache auf 230 US-Dollar (194 Euro) pro 1000 Kubikmeter Gas vom 1. Januar an als unannehmbar zurückwies. Die Ukraine ist nur zu einer schrittweisen Erhöhung bereit. Die ukrainischen Behörden beschlossen, den Gaspreis für Privathaushalte ab Januar um 25 Prozent zu erhöhen.

Der stellvertretende Gasprom-Vorstandsvorsitzende Alexander Medwedew sagte der dpa in Moskau, wenn die Ukraine nicht den vollen Preis in bar zahlen könne, solle sie die Restsumme mit Anteilen am Gasleitungsnetz ablösen. «Die Ära des billigen Gases ist vorbei», stellte er klar. Die weltweit steigende Nachfrage nach Erdgas rechtfertige höhere Preise. Bei den Verbrauchern konkurriere Erdgas mit anderen Energieträgern.

Gasprom schloss unterdessen erneut eine Drosselung der Lieferungen an Deutschland als Folge des Streits mit der Ukraine nicht aus. Deutschland deckt seinen Gasbedarf nach BGW-Angaben zu 35 Prozent aus Russland. Ein Teil dieser Menge wird über die Ukraine, ein weiterer Teil über Weißrussland nach Deutschland geleitet. Weitere Gasimporte kommen aus Norwegen (24 Prozent), den Niederlanden (19 Prozent) sowie Großbritannien und Dänemark (zusammen 6 Prozent). Diese Liefermengen könnten teilweise erhöht werden, sagte Verbandsgeschäftsführer Martin Weyand. Rund 16 Prozent des Verbrauchs deckt Deutschland aus eigenen Gasvorkommen.

Die Bundesregierung sieht sich in dem Gasstreit derzeit nicht in einer Vermittlerrolle. «Es handelt sich um ein bilaterales Problem zwischen der Ukraine und Russland», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn beide Seiten eine Einigung finden könnten, die sowohl den russischen Interessen an marktgerechten Gaspreisen entgegenkomme, als auch dem ukrainischen Anliegen, dass eine solche Preisentwicklung sich nur schrittweise vollziehen könne.

Die Grünen riefen Altbundeskanzler Gerhard Schröder zum Eingreifen in den Gasstreit auf. Der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Hans-Josef Fell, appellierte an Schröder, «in seinem neuen Wirkungsfeld Gasprom» mäßigend zu wirken. Schröder ist designierter Aufsichtsratsvorsitzender beim Betreiber der geplanten Ostsee-Gaspipeline, der mehrheitlich zum russischen Erdgaskonzern gehört. (tso/dpa)

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