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Politik: Erdogan sagt Assad ein Ende wie Mubarak voraus

Türkischer Premier schickt Außenminister nach Damaskus – Syrisches Regime lässt weiter schießen

Syrien gerät nach den jüngsten Gewalteinsätzen gegen die Opposition in der Region immer mehr in die Isolation. Nach dem Golf-Kooperationsrat hat jetzt auch die Türkei mit Assad gebrochen. „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“, sagte der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan an den syrischen Präsidenten Baschar al Assad gerichtet. Am Dienstag will Erdogan seinen Außenminister Ahmet Davutoglu nach Damaskus schicken, um Assad klarzumachen, dass die Geduld der Türkei zu Ende ist. Erdogan sagte Assad ein Schicksal wie Hosni Mubarak voraus, falls er die Rufe nach Veränderung weiter ignorieren sollte.

Die Türkei habe viel Geduld mit dem syrischen Regime gehabt, sagte Erdogan in einer Rede anlässlich eines Iftar-Essens, der traditionellen Mahlzeit zum allabendlichen Fastenbrechen im Ramadan. „Doch jetzt sind wir bei den letzten Augenblicken unserer Geduld angelangt.“

Besonders der jüngste Gewalteinsatz der syrischen Regierung in der Stadt Hama hat die Türken aufgebracht. Erdogans Vizepremier Bülent Arinc sagte vor einigen Tagen, eine Regierung, die solche Grausamkeiten anrichte, könne kein Freund der Türkei mehr sein. Erdogan sagte, Assad müsse sich fragen lassen, warum er „Kugeln auf das Volk herabregnen“ lasse.

Aus Erdogans Rede sprach auch persönliche Enttäuschung über Assad, mit dem er in den vergangenen Jahren eng zusammengearbeitet hatte. Doch das syrische Regime hatte sich in den vergangenen Monaten den Reformaufrufen der Türken verschlossen. Noch fordert Erdogan als Regierungschef eines wichtigen Nachbar- und Partnerlandes der Syrer nicht den Rücktritt Assads, so wie er es bei Muammar al Gaddafi in Libyen tut. Aber weit entfernt davon ist der türkische Premier nicht mehr.

Davutoglus Mission in Damaskus besteht deshalb darin, dem syrischen Präsidenten und seinem Führungszirkel klarzumachen, dass es nicht fünf vor, sondern fünf nach zwölf ist. Dass selbst die Türkei und die Golfstaaten drauf und dran sind, die Brücken mit Assad abzubrechen, sollte dem Regime in Damaskus zu denken geben. Nur der Iran steht Syrien noch zur Seite.

Viele Optionen haben allerdings auch die Türken nicht. Ihnen bleibt nur diplomatischer Druck – und der Hinweis auf die Unausweichlichkeit des Wandels im Nahen Osten. Wer sich der Veränderung widersetze, werde großen Schaden nehmen, sagte Erdogan über Assad. Mit Blick auf Mubarak, der auf der Krankentrage vor Gericht erscheinen musste, setzte der türkische Premier hinzu, Despoten in der Region hätten viele Menschen zum Galgen geschickt. „Doch jetzt stehen sie nicht mehr auf eigenen Füßen, schaut sie euch an auf ihren Krankenbahren.“

Doch während die Welt protestiert, lässt Assad weiter schießen. Über 90 Menschen mussten seit Freitag sterben. Der Geheimdienst verhaftete den oppositionellen Arzt Walid al-Bunni. Außenminister Walid al Muallem kündigte „freie und faire Wahlen“ noch in diesem Jahr an – in den Ohren vieler ein wenig glaubhaftes Versprechen. In die nordöstliche Stadt Deir al-Zor rückten am Sonntagmorgen 200 Panzer ein. Sie hätten aus vollen Rohren gefeuert, berichteten syrische Menschenrechtsaktivisten. Mindestens 50 Bürger seien in dem Granatbeschuss umgekommen. Auf Videos, die Aktivisten ins Internet stellten, waren dicke Rauchwolken über Deir al-Zor zu sehen. Neun Menschen, unter ihnen ein Kind, wurden in Al-Hula bei Homs getötet, sagten Aktivisten dem Nachrichtensender Al Dschasira. In Syrien demonstrieren Teile der Bevölkerung seit Mitte März für politische Reformen und das Ende des Assad-Regimes. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten töteten die syrischen Sicherheitskräfte bei der Unterdrückung der Proteste fast 2000 Menschen. Tausende wurden verletzt. mit dpa

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