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Politik: Erdogan: Unsere Geduld ist am Ende

Türkisches Parlament entscheidet über Intervention gegen PKK-Rebellen im Nordirak

Istanbul - Die türkische Regierung setzt auf eine Mischung aus militärischem und diplomatischem Druck, um den Nachbarn Irak zu einem Vorgehen gegen die PKK-Kurdenrebellen zu bewegen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan forderte am Dienstag, Bagdad müsse etwas gegen die PKK-Rebellen tun, die sich im Norden Iraks verschanzt haben. Als Beispiel nannte er die Festnahme und Auslieferung führender PKK-Funktionäre. Ansonsten habe die Türkei das Recht, ihre Armee nach Irak einmarschieren zu lassen.

Das Parlament in Ankara entscheidet an diesem Mittwoch über eine entsprechende Vorlage. „Unsere Geduld ist am Ende“, sagte Erdogan. Die irakische Regierung bemühte sich unterdessen, eine türkische Intervention noch zu verhindern, und schickte Vizepräsident Tarik al Haschimi überraschend nach Ankara.

Erdogan betonte, die Türkei sehe sich zu einer möglichen Militärintervention gezwungen, weil ihre „Gesprächspartner“ – er meinte die USA und Irak – nichts gegen die PKK im Nordirak unternähmen; die PKK lenkt ihre Gewaltaktionen in der Türkei von ihrem Hauptquartier im Nordirak aus und tötete in den letzten Wochen rund 30 Menschen. Auch am Dienstag starb wieder ein türkischer Soldat bei einem PKK-Angriff. Schon am Vortag hatte Regierungssprecher Cemil Cicek gesagt, Ankara hoffe, die erwartete Vollmacht des Parlaments zur Truppenentsendung nicht benutzen zu müssen. Damit hält die Erdogan-Regierung die Tür für Lösungen unterhalb der Schwelle eines Einmarsches offen. Der Beschlussentwurf im Parlament sieht eine einjährige Vollmacht für Erdogan zur Truppenentsendung vor. Von Luftangriffen auf PKK-Lager im Irak bis hin zur dauerhaften Besetzung eines irakischen Gebietsstreifens jenseits der Grenze soll den Planern in Regierung und Armee alles erlaubt werden. Der irakische Vizepräsident Haschimi wollte bei Erdogan auf eine friedliche Lösung dringen. Auch Iraks Ministerpräsident Nuri al Maliki will mit der Türkei über Wege zur Bekämpfung der PKK sprechen. Maliki beriet am Dienstag mit irakischen Politikern über die Lage im Nordirak und wollte anschließend Kontakt zur türkischen Regierung aufnehmen. In einem kürzlich von Erdogan und Maliki beschlossenen Aktionsplan zur Terrorbekämpfung lehnte Irak die türkische Forderung ab, bei der Verfolgung von PKK-Kämpfern auf irakisches vordringen zu können. Dieses Nein spielte eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung Ankaras, eine Intervention in Irak vorzubereiten: Türkische Politiker und Militärs sind der Meinung, dass ihrem Land keine andere Wahl mehr bleibt. Am Dienstag war noch offen, ob die Iraker unter der Androhung eines türkischen Einmarsches jetzt zu einem Umdenken bereit sind. Thomas Seibert

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