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Zwei, die sich gegenseitig drohen und sich trotzdem einfach mögen. Recep Tayyip Erdogan und Donald Trump.

© imago images/UPI Photo

Erdogan zu Besuch bei Trump: Ziemlich beste Freunde

Das Verhältnis der USA und der Türkei ist von tiefen Konflikten geprägt. Trotzdem preist Trump seinen türkischen Gast. Europa kann nur zuschauen.

Von Hans Monath

Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass sich hoch komplexe, gefährliche Konflikte zwischen Staaten nicht durch Prahlereien aus der Welt schaffen lassen, dann hat ihn Donald Trump geliefert - wieder einmal. „Ich bin ein großer Fan des Präsidenten“, versicherte der US-Präsident nach dem Gespräch mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan in Washington: „Wir haben eine großartige Beziehung!“

Bemerkenswert ist das, weil die Beziehungen beider Länder zuletzt so miserabel waren, dass das Zustandekommen des Treffens einem Wunder gleicht. Es ist gerade fünf Wochen her, dass Trump damit drohte, er werde die türkische Wirtschaft „vollständig zerstören und auslöschen“, wenn Ankara in Nordsyrien einmarschiere.

Republikaner und Demokraten in den USA haben Sanktionen gegen die Türkei verhängt, weil dessen Militär gegen jene Kurden vorgeht, die als US-Verbündete den „Islamischen Staat“ in Syrien bekämpften. Die US-Regierung sieht zudem die Nato dadurch bedroht, dass die Türkei das russische Raketenabwehrsystem S-400 kauft und sich damit an Moskau bindet.

Der Zusammenhalt der Nato steht auf dem Spiel

Umgekehrt verlangt Erdogan seit Jahren die Auslieferung des islamischen Predigers Fethullah Gülen aus den USA. Den „Terroristenführer“ (Erdogan) und seine Bewegung macht er für den Militärputsch von 2016 verantwortlich. Und der Präsident hätte das Treffen mit Trump fast abgesagt, weil das Repräsentantenhaus die Vernichtung der Armenier durch die Türken im Jahr 1915/16 als Völkermord verurteilte. Eine ähnliche Resolution des Bundestages hatte Erdogan vor drei Jahren mit wüsten Drohungen beantwortet.

Im Streit um die Intervention in Nordsysrien hatte US-Vizepräsident Mike Pence Mitte Oktober mit der Türkei eine Waffenruhe aushandeln können. Die aber kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass seit dem militärischen Teilabzug der USA aus Nordsyrien eben jene Macht in der Region ihren Einfluss weiter ausbaut, die der Türkei nun Luftabwehrraketen verkauft: Russland.

Im Raketenstreit hat das Treffen zweier selbstherrlicher Herrscher ungeachtet aller Freundeshymnen keine Lösung gebracht. Das ist eine schlechte Nachricht für den Zusammenhalt der Nato. Die Europäer aber sollten sich fragen, warum sie nur zuschauen können, wenn die USA und die Türkei über die Zukunft Nordsyriens verhandeln, die wegen der Sicherheits- und Flüchtlingsfrage ihre vitalen Interessen berührt.

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