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John Boehner hatte es zunehmend nicht nur mit dem demokratischen Gegner zu tun, sondern auch mit der Opposition in den eigenen Reihen.

© REUTERS

Erfolg für rechtskonservative Rebellen: Führender US-Republikaner John Boehner tritt zurück

Der Präsident des US-Abgeordnetenhauses, John Boehner, geht. Er war den Radikalkonservativen zu liberal.

Manchmal tat er seinen politischen Hauptgegnern, den Demokraten, geradezu leid. Müde, frustriert, geschlagen, blass um die Nase trotz permanenter Sonnenbank-Bräune, seinem Markenzeichen - so erlebten sie und Washington John Boehner mehr als einmal während seiner fast fünf Jahre als Präsident des US-Abgeordnetenhauses. Da war er wieder einmal bis tief in die Nacht zwischen von Journalisten belagerten Mikrofonen und seiner Fraktion hin- und hergependelt, hatte bis zur letzten Minute versucht, hartnäckige rechtskonservative Rebellen in den eigenen Reihen zu einem Kompromiss mit Präsident Barack Obama und dessen Partei zu bewegen.

Der 65-Jährige hört nach nur einer Amtszeit auf

Mehr als einmal ging es darum, in Haushaltsstreitigkeiten einen „Shutdown“ der Regierung, eine finanzielle Lahmlegung, zu verhindern. Nicht immer gelang es ihm. Jetzt hat der 65-Jährige genug, nach einer Amtszeit, die er als Katze auf dem heißen Blechdach verbrachte, wie es einst das „Time“-Magazin formulierte. „Es ist meine Sicht, dass eine Verlängerung des Aufruhrs um die Führerschaft dieser Institution (dem Abgeordnetenhaus) irreparablen Schaden zufügen würde“, erklärte er seinen Rücktritt am Freitag.

Als Boehner nach dem überragenden Sieg bei der Kongresswahl 2011 vom Fraktionschef der republikanischen Minderheit zum Präsidenten der Abgeordnetenkammer aufstieg, runzelten schon manche die Stirn. War er doch älter, konservativer und konventioneller als die meisten in der Tea-Party-Bewegung, auf deren Erfolgswelle die Republikaner bei der Wahl geritten waren. Dass er vielen tatsächlich nicht passte, bekam er rasch zu spüren. Schlachten um einen Schuldenabbau, Sparmaßnahmen, Steuern und immer wieder der Haushalt: Boehner hatte es zunehmend nicht nur mit dem demokratischen Gegner zu tun, sondern auch mit der Opposition in den eigenen Reihen.

Er bekam den rechtskonservativen Flügel einfach nicht in den Griff

Dass er den erstarkenden rechtskonservativen Flügel einfach nicht in den Griff bekommen konnte, spiegelte sich am drastischsten im „Shutdown“ der Regierung 2013 wider, als Hunderttausende Staatsbedienstete in den Zwangsurlaub geschickt werden mussten. Diesen Herbst drohte eine Wiederholung, diesmal wollten radikale Abtreibungsgegner ihre Zustimmung zum neuen Haushalt davon abhängig machen, dass Mittel für die Einrichtung „Planned Parenthood“ (geplante Elternschaft) gestrichen werden. Oder, als Alternative davon, dass Boehner geht. Und das tut er nun.

Aus der Tea Party kam prompt Jubel. Die demokratische Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi, nannte Boehners Rücktritt ein „Spiegelbild des Chaos bei den Republikanern“.

Der Populist Donald Trump führt noch immer in Umfragen

Tatsächlich unterstreicht der bisherige Verlauf des republikanischen Präsidentschaftsrennens, wie stark derzeit die Strömung gegen das Partei-Establishment geworden ist. Immer noch hält sich der bombastische Populist Donald Trump - ein Mann ohne politische Erfahrungen - in Umfragen an der Spitze. Das spricht Bände.

Womit er es in seiner eigenen Fraktion zu tun hatte, gab Boehner einmal in einem „Politico“-Interview zu verstehen. „Müllmänner gewöhnen sich an den schlechten Geruch von Müll. Gefangene lernen, sich an die Gefangenschaft zu gewöhnen.“

Als Franziskus seine Rede hielt, hatte Boehner Tränen in den Augen

Unabhängig von politischen Zwängen kommt das Timing von Boehners Rücktritt auch aus einem anderen Grund nicht von ungefähr. Er ist ein tiefreligiöser Katholik, es war sein Herzenswunsch, eines Tages den Papst im Kongress sprechen zu hören. Das wurde am Donnerstag Wirklichkeit, und laut „Politico“ sagte Boehner, dass es nun für ihn „nichts mehr zu erreichen“ gebe. Als Papst Franziskus seine Rede hielt, hatte Boehner Tränen in den Augen. Auch das war ein Markenzeichen: Er war leicht gerührt - was ihm Spott bei den einen und Sympathien bei den anderen eintrug. (dpa)

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