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Trauer um den ermordeten Oppositionellen Boris Nemzov.

© Reuters

Update

Ermittlungen im Mordfall Boris Nemzow: Polizei nimmt zwei Männer aus dem Kaukasus fest

Gibt es einen Durchbruch bei Ermittlungen im Mordfall Boris Nemzow? Der Chef des russischen Nachrichtendienstes FSB hat überraschend schnell zwei Festnahmen verkündet. Die Tatverdächtigen stammen aus dem muslimisch geprägten Nordkaukasus. Kritiker befürchten, dass Hintergründe verschleiert werden.

Die ersten zwei Tatverdächtigen in der Mordsache Boris Nemzow sind gefasst. Das teilte Alexander Bortnikow, Chef des russischen Inlandsgeheimdienst FSB, am Samstag über den staatsnahen Ersten Kanal mit. Nemzow, 55, gehörte zu den Führern der außerparlamentarischen liberalen Opposition und war am Freitag vergangener Woche in Moskau unweit vom Kreml erschossen worden.

Bei den Festgenommenen soll es sich um Männer aus dem muslimisch geprägten russischen Nordkaukasus handeln. Beide, so ein Sprecher der staatlichen Ermittlungsbehörde, sollen nicht nur die Todesschüsse abgefeuert, sondern auch bei der Organisation des Anschlags eine herausragende Rolle gespielt haben. Geheimdienste und Ermittlungsbehörde, so der Sprecher weiter, hätten gleich nach dem Anschlag eine gemeinsame Sonderkommission gebildet, diese sei „guten heißen Spuren“ nachgegangen, die die Täter hinterlassen hätten.

So habe man „operativ“ das Tatfahrzeug sicherstellen können und im Inneren des Wagens Biomaterial der mutmaßlichen Mörder gefunden, das deren Verfolgung ermöglichte. Auch hätten Überwachungskameras, die in Kremlnähe faktisch an jedem Lichtmast hängen, brauchbare Bilder für die Fahndung geliefert. Hilfreich sei auch die Vorratsdatenspeicherung gewesen, zu der Mobilfunkanbieter verpflichtet sind. Dadurch habe man die Handys der mutmaßlichen Täter und möglicher Komplizen orten können. Nach denen und den Hintermännern des Anschlags werde noch gefahndet.

Während politische Gefährten Nemzows wie Kremlkritiker Alexei Nawalny den Mord „staatlichen Strukturen oder kremlnahen nichtstaatlichen Organisationen“ anlasteten, sprach Kremlchef Wladimir Putin von einer „Provokation“, mit der Russland destabilisiert werden soll und machte die Aufklärung zur Chefsache. Davon, so zitierte die Moskauer Nachrichtenagentur Interfax anonym einen Ermittler, sei man jedoch noch weit entfernt. Regimekritiker sehen das ähnlich und befürchten, mit der Festnahme der Kaukasier würden die Ermittler sich definitiv von Versionen verabschieden, wonach der Mord mit Nemzows Kritik am politischen System Russlands oder Moskaus Haltung in der Ukraine- Krise zu tun haben könnte. Stattdessen würde man sich auf die „kaukasische Spur“ konzentrieren.

Zwar soll Nemzow von islamischen Extremisten aus dem Kaukasus Morddrohungen erhalten haben. Doch, um von den wahren Hintermännern abzulenken, lasteten die Ermittler Morde mit politischem Hintergrund – seit Ende der Sowjetunion 1991 gut zwei Dutzend, von denen keiner restlos aufgeklärt wurde – schon öfter Extremisten aus dem Nordkaukasus an. Vor allem den an der kritischen Journalistin Anna Politkowskaja im Jahr 2006. Die Todesschützen wurden in ähnlich atemberaubendem Tempo gefunden wie jetzt in der Causa Boris Nemzow. Die Beweislage war indes damals so schlecht, dass die Geschworenen-Jury zunächst auf unschuldig erkannte.

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