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Ernst Benda: Früherer Präsident des Verfassungsgerichts ist tot

Er war dabei, als das Bundesverfassungsgericht mit dem Volkszählungsurteil 1983 die Ära des Datenschutzen in Deutschland einläutete. Und auch als dieser Moment vor drei Monaten gefeiert wurde. Nun ist der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichts, Ernst Benda, gestorben.

Karlsruhe - Vor drei Monaten ließ sich Ernst Benda noch einmal in Karlsruhe feiern: Bundesdatenschützer Peter Schaar und seine Länderkollegen erinnerten mit einer Großveranstaltung an das Urteil, das als Geburtsstunde des Datenschutzes in Deutschland gilt: das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983. Ernst Benda war damals Gerichtspräsident und Vorsitzender des Ersten Senats in Karlsruhe. Mit seiner Stimme wurde die Volkszählung mit fünf zu drei Stimmen gestoppt. Das Verfassungsgericht sprach erstmals vom „informationellen Selbstbestimmungsrecht“. Jeder Bürger müsse wissen, wozu seine Daten erhoben werden und was mit ihnen passiert – und dies müsse eindeutig im Gesetz geregelt sein, bevor die Daten erfasst werden.

Ernst Benda schilderte bei der Feier im Karlsruher Rathaus die Beratung im Ersten Senat; sein Gedächtnis war brillant, er erinnerte sich an jedes Detail. Dass es sein letzter öffentlicher Auftritt sein würde, ahnte damals keiner. Benda, damals kurz vor seinem 84. Geburtstag, war ironisch wie eh und je. Das Lob, das ihm die versammelten Datenschützer zollten, tat ihm sichtlich wohl. Kein Wunder, denn 1983 hatte das Urteil Benda 1983 viel Schelte eingetragen. Manche sagen, es habe seine politische Karriere in der CDU beendet.

Diese Karriere leitete der aus Berlin stammende Jurist bereits 1946 mit seinem Eintritt in die CDU ein. Zunächst war er im Berliner Abgeordnetenhaus aktiv, danach ging er in die Bundespolitik. 1965 wurde Benda einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, als er zusammen mit anderen Parlamentariern dafür eintrat, dass Mord in Deutschland nicht verjährt. Die Mörder in den Konzentrationslagern sollten sich nicht vor Strafverfolgung sicher fühlen.Die Rede, die Benda dazu im Bundestag hielt, brachte dem Politiker auch in Israel großen Respekt ein. Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger ernannte Benda 1968/69 zum Innenminister der damaligen Großen Koalition. Zwei Jahre später erfolgte seine Wahl zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Seine wohl schwerste Entscheidung betraf Hanns-Martin Schleyer. Dessen Familie stellte 1977 einen Eilantrag beim Verfassungsgericht, der die Regierung von Helmut Schmidt zeingen sollte, die Stammheimer RAF-Häftlinge freizulassen und so das Leben des entführten Schleyer zu retten. Der Erste Senat lehnte das ab: „Das Morden der RAF wäre weitergegangen“, sagte Benda 2007, dreißig Jahre später.

Dass der ehemalige Innenminister zum Hüter der Grundrechte würde, bezweifelten anfangs viele. Doch das Bild wandelte sich. Vor dem Urteil gegen die Volkszählungsgesetz galt er als möglicher Bundespräsident, danach nicht mehr. ukn

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