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Politik: Erste Anzeichen für einen möglichen Einmarsch in Tschetschenien - Russland befürchtet Anschläge

Nach einer Woche massiver Bombenangriffe auf Tschetschenien ist ein erster indirekter Gesprächsversuch der russischen Regierung mit der Führung der abtrünnigen Kaukasus- Republik gescheitert. Zugleich verdichteten sich am Mittwoch Anzeichen für einen möglichen Einmarsch russischer Truppen.

Nach einer Woche massiver Bombenangriffe auf Tschetschenien ist ein erster indirekter Gesprächsversuch der russischen Regierung mit der Führung der abtrünnigen Kaukasus- Republik gescheitert. Zugleich verdichteten sich am Mittwoch Anzeichen für einen möglichen Einmarsch russischer Truppen. Erstmals seit Beginn der Luftangriffe äußerten sich westliche Regierungen besorgt über die Eskalation der Krise im Nordkaukasus. Kampfjets bombardierten am Mittwoch erneut vermutete Stützpunkte moslemischer Extremisten in Tschetschenien.

Die Vorbereitung eines Bodentruppen-Einsatzes sei in die "entscheidende Phase getreten", zitierte Interfax aus Kreisen im Verteidigungsministerium. Die Stationierung der Kampftruppen im Nordkaukasus, die in Tschetschenien eingesetzt werden sollen, sei "praktisch abgeschlossen". An der Grenze zwischen Tschetschenien und Dagestan seien etwa 20 000 Soldaten zusammengezogen worden. "Aber niemand wird versuchen, Grosny einzunehmen", sagte ein Offizier. Aufgebrachte Einwohner der Nachbarrepublik Dagestan hätten die Fahrzeugkolonne des tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow nicht zu einem Treffen mit dem dagestanischen Republikschef Magomed Magomedow durchgelassen, meldete die Nachrichtenagentur Interfax. Magomedow sollte im Auftrag des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin mit Maschadow sprechen. Das Treffen war in der dagestanischen Stadt Chassawjurt, unweit der Grenze zu Tschetschenien, geplant. Magomedow sei am frühen Nachmittag in die Hauptstadt Machatschkala zurückgekehrt.

Russische Kampfjets hätten am Mittwoch Angriffe auf Fabriken und Öllager geflogen, meldete Interfax. Mehrere Ortschaften in den Bergen seien mit Artillerie beschossen worden. Nach tschetschenischen Angaben wurden bis zu zehn Menschen getötet. Es gab keine unabhängige Darstellung.

Die russische Regierung befürchtet unterdessen neue Angriffe von tschetschenischen Rebellen, die angeblich als Flüchtlinge getarnt über die Grenze nach Dagestan fliehen wollen. Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Sergej Priganow, erklärte, die Situation an der tschetschenischen Grenze sei chaotisch. Die Flüchtlinge versuchten, an denjenigen Grenzübergängen nach Dagestan zu gelangen, an denen sich auch die Rebellen für eine neue Invasion versammelten. Es sei möglich, dass die Rebellen auf diese Weise unerkannt über die Grenze gelangen könnten, sagte Priganow am Mittwoch.

Die deutsche Regierung, die Vereinigten Staaten, Frankreich und der Europarat äußerten sich besorgt über die andauernden russischen Luftangriffe und riefen zum Dialog auf. Mit der Bombardierung ziviler Ziele in Tschetschenien wachse die Gefahr einer weiteren Eskalation, die nur zur Stärkung extremistischer Gruppen und einer Destabilisierung einer gesamten Region führen könne, erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas Michaelis, am Mittwoch in Berlin.

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