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Politik: Erste Hinweise auf eine mögliche Ermordung des Radioreporters Babitskij

Der Mitte Januar bei Grosny von russischen Sicherheitskräften verhaftete Korrespondent von Radio Liberty, Andrej Babitskij, ist nach wie vor verschollen. Seit seiner Verhaftung hat er sich nicht bei seiner Familie in Moskau gemeldet.

Der Mitte Januar bei Grosny von russischen Sicherheitskräften verhaftete Korrespondent von Radio Liberty, Andrej Babitskij, ist nach wie vor verschollen. Seit seiner Verhaftung hat er sich nicht bei seiner Familie in Moskau gemeldet. Noch gibt es kein eindeutiges Lebenszeichen von ihm.

Am Mittwoch erklärte der Moskauer Vertreter des tschetschenischen Präsidenten, Scharip Jusupow, der Korrespondent befinde sich in der Obhut von Feldkommandeur Aslambek Ismailow, dessen Einheit Babitskij aus der Kriegszone in Sicherheit bringen wolle. Diese Erklärung ist jedoch fragwürdig, weil der tschetschenische Präsident Aslan Maschadow noch am Sonntag per Telefon in einer Live-Sendung von Radio Liberty erklärte hatte, Babitskij befinde sich definitiv nicht bei den tschetschenischen Feldkommandeuren. Die Geschichte des verschollenen Korrespondenten wird von Tag zu Tag beunruhigender. Nach seiner Freilassung aus einem russischen "Filtrationslager" in Nordtschetschenien war Babitskij von unbekannten russischen Sicherheitskräften zwei maskierten Männern übergeben worden. Diese hatten im Austausch drei russische Kriegsgefangene freigelassen. Die Übergabe war von Mitarbeitern des russischen Geheimdienstes FSB gefilmt worden. Die russischen Sicherheitsorgane erklärten später, Babitskij sei tschetschenischen Freischärlern übergeben worden. Namen wurden nicht genannt.

Russische Medien spekulieren, dass es sich bei den maskierten Männern möglicherweise um russische Sicherheitskräfte handelte oder um Tschetschenen, die an der Seite der russischen Truppen kämpfen. Andere halten es für möglich, dass der Film über den Gefangenenaustausch gestellt ist und Babitskij möglicherweise nicht mehr lebt. Der Korrespondent war einer der wenigen Journalisten, die sich während der Belagerung Grosnys in der tschetschenischen Hauptstadt aufhielten. Russische Militärs hatten ihn beschuldigt, seine Berichte seien "nicht objektiv". Der russische Verteidigungsminister kommentierte den Austausch von Babitskijs mit den zynischen Worten: "Ich würde zehn Babitskijs gegen einen russische Soldaten tauschen."

Bis heute ist zweifhaft, dass Babitskij die schriftliche Einverständniserklärung zum Gefangenenaustausch freiwillig abgegeben hat. Und die Frage wo er sich aufhält und ob er noch lebt wurde auch nicht durch jenes Video beantwortet, welches zwei Unbekannte am Dienstag dem Radio-Liberty-Büro in Moskau übergaben. Auf dem Video spricht der verschollene Korrespondent eine Botschaft an seine Angehörigen und Kollegen und nennt selbst als Datum den 6. Februar. Er könne nicht sofort nach Haus zurück. Babitskij erwähnt weder wer ihn gefangen hält noch wo er sich befindet.

Ulrich Heyden

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