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Schwieriger Start. Özkan am Donnerstag im niedersächsischen Landtag. Foto: dpa

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Erste Landtagsrede: Aygül Özkan: Show und Sühne

Die erste Landtagsrede der muslimischen Ministerin Aygül Özkan in Hannover wird von der Kruzifix-Debatte überlagert. Dass sie ihre Entschuldigung im Landtag wiederholte, wertete insbesondere die SPD als "beschämend".

Hannover - Aller Anfang ist schwer, für die neue niedersächsische Sozialministerin Aygül Özkan galt das am Donnerstag in besonderem Maße. Bei ihrer ersten Rede im Landtag referierte sie über die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Doch dann holte sie die Debatte wieder ein, in der die CDU-Politikerin bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte. Ein Verbot von Kruzifixen an Schulen hatte die erste muslimische Ministerin in Deutschland am Wochenende gefordert und war dann zurückgerudert. Ihre Entschuldigung wiederholte sie am Donnerstag vor dem Landtag.

„Ich habe es ausdrücklich bedauert, dass meine missverständlichen Äußerungen zu christlichen Symbolen in öffentlichen Schulen religiöse Gefühle und grundlegende Überzeugungen verletzt haben. Dieses Bedauern ist aufrichtig und ehrlich, daran gibt es auch nichts zu deuteln“, sagte Özkan nach einer emotionalen Debatte. Das entsprechende Interview habe sie in „Unkenntnis der in Niedersachsen gelebten Praxis“ gegeben. Ebenso hatte sich Özkan zuvor bereits vor der CDU-Landtagsfraktion verteidigt.

Dass Özkan ihre Entschuldigung im Landtag wiederholte, wertete insbesondere die SPD als „beschämend“. SPD- Fraktionschef Wolfgang Jüttner bezeichnete die Entschuldigung als einen „einzigartigen Fall erzwungener öffentlicher Selbsterniedrigung“. Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hätte Özkan „diese Erniedrigung“ zwei Tage nach ihrer Vereidigung ersparen sollen. Schließlich habe sie sich schon bei der Fraktion entschuldigt. Nun sei deutlich, dass sie bereits „jegliche Eigenständigkeit eingebüßt“ habe, sagte Jüttner. Wulff reagierte verärgert: Der Umgang der Opposition mit Özkan sei „erbärmlich“, sagte der Regierungschef.

Zuvor schon hatte die Opposition Wulff und die CDU wegen ihrer Haltung in der Kruzifix-Debatte scharf angegriffen. Die Diskussionen um die Äußerungen Özkans hätten gezeigt, dass eine moderne CDU offensichtlich „nur Illusion, nur eine Fassade aus Pappe“ sei, die eingerissen werde und hinter der wieder das „Gedankengut der Adenauerzeit zum Vorschein“ komme, sagte der Grünen-Abgeordnete Helge Limburg. Die SPD-Abgeordnete Frauke Heiligenstadt bezeichnete die Haltung der CDU in der Debatte als „altmodisch“, die Kabinettsumbildung Wulffs als „Show“.

Özkan nahm die Debatte mit Gelassenheit auf und bedankte sich auch für die auf türkisch geäußerten Wünsche Limburgs. Anschließend war für Özkan die Vorbereitung auf ihre erste Rede wichtig. Diese fiel mit einigen Versprechern etwas holprig aus. Der Weg zu mehr Aufmerksamkeit für ihre Sachpolitik dürfte für Özkan allerdings noch holpriger werden. Noch scheint sie vor allem daran gemessen zu werden, dass sie die erste muslimische Ministerin in Deutschland ist und sich gegen religiöse Symbole in Schulen ausgesprochen hat. Julia Spurzem (ddp)

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