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Politik: Es sieht nur einfach aus Von Sven Goldmann

Was für ein Saisonfinale! Spannend bis zum Schluss!

Was für ein Saisonfinale! Spannend bis zum Schluss! Schade nur, dass die Spannung in der Fußball-Bundesliga nicht ihrer sportlichen Qualität entspricht. Am kommenden Samstag wird ein Meister gekürt, der in Europa nur zweitklassig ist. Wer ist Stuttgart, wird man in Mailand oder Liverpool fragen. Der neue Titelfavorit hat in dieser Saison international gar nicht erst mitgespielt. Schalke 04, die zweite Mannschaft, die es treffen kann, ist im Uefa-Cup früh ausgeschieden. Die Liga erklärt die Misserfolge ihrer Besten gern mit finanziellen Parametern. Die Konkurrenz in Italien, Spanien oder England verdient viel mehr Geld mit dem Fernsehen, dazu erlauben die Statuten dort die Übernahme der Klubs durch Großmäzene. Das ist hier nicht möglich.

Doch erfolgreicher Fußball ist nicht zwingend ein Produkt maximalen finanziellen Einsatzes. Das hat die deutsche Nationalmannschaft bei der WM gezeigt. Es wird oft behauptet, dieser Erfolg habe auf den fußballfremden Faktoren Begeisterung und Heimvorteil beruht. Doch die Nationalmannschaft macht im Alltag der EM-Qualifikation weiter, wo sie während der WM-Festtage aufgehört hat. Vor ein paar Wochen hat sie den großen Favoriten Tschechien in Grund und Boden gespielt. Es waren dieselben deutschen Spieler, die in den europäischen Klubwettbewerben vorgeführt wurden.

Es lohnt ein Blick auf die Methoden hinter der Renaissance der Nationalmannschaft. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Jürgen Klinsmann dafür verantwortlich ist. Klinsmann war der Projektmanager für die WM, er hat die Begeisterung geschaffen und die Hinwendung zum offensiven Stil durchgesetzt. Der fußballerische Kopf war schon immer Joachim Löw. Es war nur logisch, dass er Klinsmann nach erfolgreicher Erledigung des WM-Projekts als Bundestrainer folgte. Löw ist der Professor der Taktik, er denkt in Formationen, er lehrt, wie sich Formationen bewegen sollen, er trainiert das Detail. Denn das Detail entscheidet.

Fußball ist nicht das einfache Spiel, als das es so gern hingestellt wird. Moderner Fußball ist eine Wissenschaft, eine hochkomplexe Angelegenheit von ineinander greifenden Systemen. Es sieht so einfach aus, wenn Mannschaften wie die Champions-League-Finalisten AC Mailand und FC Liverpool den Ball zirkulieren lassen. Diese Kunst basiert auf harter Arbeit. Jeder Spielzug ist bis zur Stupidität einstudiert. Der AC Mailand etwa sammelt seit Jahren alle Daten seiner Spieler für eine individuelle Trainingsplanung. Jeder Spieler soll zum Zeitpunkt eines wichtigen Spiels seine Höchstform erreichen.

Eine gute Fußballmannschaft funktioniert wie ein Schachcomputer, der alle Möglichkeiten zur Lösung eines Problems gespeichert hat und im entscheidenden Fall das richtige Programm auswählt. Darauf richtet Löw seine Arbeit aus, so wie es Rafael Benitez in Liverpool oder Carlo Ancelotti in Mailand schon seit Jahren tun. Die Bundesliga aber ruht sich aus auf dem Erreichten, sie ist nicht bereit, in Neues zu investieren. Revolutionär denkende Trainer versauern in kleinen Klubs wie Jürgen Klopp in Mainz oder scheitern an der Macht der Tradition wie Ralf Rangnick in Schalke.

Noch nie war frisches, neues Denken so wichtig wie nach dieser spannenden, aber sportlich unbefriedigenden Saison. Der deutsche Fußball braucht eine Löwisierung der Bundesliga!

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