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Politik: „Es war nie meine Absicht, die PDS klein zu machen“

Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Harald Ringstorff über sozialistische Pragmatiker – und warum das Hartz-Konzept in erster Linie dem Westen dient

Sie regieren seit vier Jahren mit der PDS. Sehen sie diese Partei als entzaubert an?

Das Wort „Entzauberung“ wurde von geistreichen Journalisten geprägt, nicht von mir. Tatsache ist: Die PDS musste nach ihrem Eintritt in die Regierung feststellen, dass auch für sie die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Sie musste akzeptieren, dass man in Regierungsverantwortung auch unangenehme Entscheidungen treffen muss und nicht jeden Wunsch einer Interessengruppe aufnehmen und in den Landtag einbringen kann. Insofern hat sie es heute schwerer als zuvor in den acht Jahren der Opposition, in denen sie von Wahl zu Wahl wuchs. Dennoch ist die PDS in Ostdeutschland eine Partei mit breitem Fundament geblieben, mit der ich in Mecklenburg-Vorpommern gut zusammen arbeite. Es war auch nie meine Absicht, meinen Koalitionspartner klein zu machen.

Was halten Sie davon, wenn PDS-Politiker wie Gregor Gysi und Andre Brie der SPD auch im Bund eine strategische Zusammenarbeit anbieten?

Davon halte ich wenig, und Sie haben ja bemerkt, dass auch in der Bundes-SPD das Angebot auf wenig Gegenliebe gestoßen ist. In der Außen- und Sicherheitspolitik sind die Unterschiede zwischen SPD und PDS zu groß. Da passen beide Parteien einfach nicht zusammen. Außerdem ist die SPD eher eine Partei der Mitte, besonders in Mecklenburg-Vorpommern. Die PDS dagegen definiert sich als eine Partei, die ganz links steht.

Müssen Sie jetzt nicht verstärkt um die Pragmatiker in der PDS werben?

Ic h weiß nicht, wie die Pragmatiker in der PDS denken. Je nach Wahlausgang werden sicherlich Diskussionen in der PDS einsetzen. Ich bin gespannt, zu sehen, welchen Verlauf diese Diskussionen nehmen werden. Vielleicht sagen auch einige, dass sie in der PDS keine Zukunft mehr sehen.

Sie haben in Ihrer Regierung einen PDS-Pragmatiker, Arbeitsminister Helmut Holter.

Holter ist sicherlich ein wichtiger PDS-Pragmatiker. Aber man sollte auch den Umweltminister Methling nicht vergessen. Beide könnten ohne weiteres Mitglied der SPD sein, aber natürlich halten sie zu ihrer Partei.

In Dresden hat es 1990 Gespräche gegeben, die reformbereiten Teile der PDS in der SPD aufgehen zu lassen. Wird es unter dieser Überschrift in den nächsten Jahren einen neuen Anlauf geben können?

Das lässt sich schwer vorhersehen, weil die Zeit so unterschiedlich ist. 1990 suchten viele ehemalige SED-Mitglieder eine neue Orientierung. Aber die SPD-Gründer wollten diese auf keinen Fall in ihre Partei aufnehmen, weil sie selbst überwiegend, um es milde auszudrücken, nicht gerade Begünstigte des alten Systems waren. Wir hatten ein Aufnahmeverbot für Blockpartei- und SED-Mitglieder. Wenn dies auch nur für kurze Zeit galt, so war doch ein günstiger Zeitpunkt verpasst, um reformwillige Leute aus der SED für die SPD zu gewinnen.

Auf Bundesebene ist die PDS in einer schwierigen Phase.

Es stimmt, dass die PDS Schwierigkeiten hat. Das hängt nach meinen Erfahrungen im Wahlkampf ganz konkret mit Gregor Gysi zusammen. Sein Abgang hat der PDS deutlich geschadet. Gysi war die Gallionsfigur für viele Ostdeutsche.

Ist Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber für die SPD in diesem Wahlkampf schwer zu packen?

In Ostdeutschland ist Stoiber für die SPD der Wunschkandidat. Er hat hier wenig Rückhalt und sein Vertrauen vollständig verspielt. Die Leute wissen, dass er den halben Rügener Kreidefelsen gefressen hat, um nicht sein wahres Gesicht zeigen zu müssen. Stoiber wirkt falsch, wenn er im Osten auftritt. Das merken die Menschen.

Mit der Berufung von Lothar Späth in sein Kompetenzteam scheint ihm aber ein wirklicher Coup gelungen zu sein.

Das war sicherlich kein schlechter Schachzug, denn Späth ist ein sympathischer Vertreter. Aber man sollte ihn auch nicht überschätzen. Wenn andere so viele Subventionen zur Verfügung gehabt hätten wie Lothar Späth bei Jenoptik – immerhin 3,6 Milliarden für 1200 Arbeitsplätze –, dann hätten die auch etwas zustande gebracht.

Glauben die Menschen im Osten denn, dass VW-Personalchef Peter Hartz mit seinem Konzept die Arbeitslosigkeit halbiert?

An eine Halbierung der Arbeitslosigkeit im Osten in kurzer Zeit glaubt keiner. Doch je gründlicher man das Hartz-Konzept diskutiert, desto deutlicher werden die Ansatzpunkte für den Osten. Außerdem: Wenn im Westen durch das Hartz-Konzept die Arbeitslosigkeit sinkt, werden Mittel frei, die im Osten sinnvoll eingesetzt werden können.

Das Gespräche führten Andreas Frost und Matthias Meisner.

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