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Parteichefs unter sich. Robert Habeck soll Medienberichten zufolge Vizekanzler der Grünen werden.

© Bernd Von Jutrczenka/dpa

Update

"Frage wer Vize-Kanzler wird, ist völlig irrelevant": Habeck verspricht Einbindung der Partei bei Postenvergabe

Die Grünen sollen sich für den Fall eines schlechten Wahlergebnisses früh auf Habeck verständigt haben. Kanzlerkandidatin Baerbock habe ihre Chance gehabt.

Für den wahrscheinlichen Fall, dass die Grünen in einem Dreierbündnis der kommenden Bundesregierung angehören, würde Robert Habeck Vizekanzler, hieß es noch am Montag. Diesen Deal zwischen den Grünen-Chefs Habeck und Annalena Baerbock bestätigten Partei-Kreise dem Tagesspiegel.

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Am Dienstag musste sich Habeck jedoch nach Berichten über eine mögliche Vize-Kanzlerschaft im Falle einer Grünen Regierungsbeteiligung vor der Presse erklären. Unmittelbar vor der konstituierenden Fraktionssitzung seiner Partei trat er vor die Presse und kündigte an, dass am Ende die Partei auf einem Parteitag oder mit einer Mitgliederbefragungen über Inhalte und Köpfe in einer Regierung abstimmen würden.

"Die Frage wer Vize-Kanzler wird ist völlig irrelevant", sagte er. Ob es nun einen entsprechenden Deal zu seinen Gunsten mit Annalena Baerbock gibt, ließ er offen. Es zieme sich nicht, über Personalentscheidungen zu sprechen, ehe man überhaupt in Sondierungen geht.

Am Montagmittag hatten sich beide Parteivorsitzenden in der Bundespressekonferenz nicht zu dem Thema äußern wollen, hatten aber bestätigt, dass die Frage nach der künftigen Vize-Kanzlerschaft intern geklärt sei. „Wir führen die Verhandlungen gemeinsam als gewählte Bundesvorsitzende und alle weiteren Fragen sind ebenfalls geklärt“, sagte Habeck.

Auf Nachfrage erklärte er, dass es zu der Verantwortung gehöre, diese Frage zu klären, ehe man in Sondierungsgespräche gehe. „Es gehört aber auch zur Verantwortung, diese Klärung nicht zu Markte zu tragen.“ Baerbock ergänzte, es gehöre dazu, die Frage der Vizekanzlerschaft zu klären, wenn man Verantwortung über das Land übernehmen wolle.

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Auch zu ihrem persönlichen Verhältnis äußerte sich Habeck in der Bundespressekonferenz. „Das persönliche Verhältnis ist gut, stabil, intakt und vertrauensvoll wie eh und je.“ Das Verhältnis der beiden werde auch in der kommenden Zeit angesichts aller Herausforderungen ein „Anker und Stabilitätsfaktor“ sein. Die Frage nach der künftigen Vize-Kanzlerschaft umschifften beide.

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Zuvor hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, dass die beiden sich schon vor längerer Zeit für den Fall eines schlechten Wahlergebnisses auf Habeck als Vizekanzler verständigt hätten.

Baerbock habe ihre Chance gehabt, heiße es nun in der Partei. Mit den personellen Konsequenzen müsse man deutlich machen, dass die Grünen nicht einfach in der bisherigen Formation weitermachen könnten, sondern „verstanden haben“.

Die Nummer eins im Wahlkampf wäre damit in der neuen Regierung nur noch die Nummer zwei der Grünen. Die beiden Parteivorsitzenden sind bei der Bundestagswahl zwar als Spitzenduo angetreten, Baerbock hatte als Kanzlerkandidatin aber eine herausgehobene Rolle. Die Grünen erzielten zwar ihr bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl, blieben aber trotzdem hinter ihren Erwartungen.

In den Umfragen hatten sie in den Monaten vor der Wahl deutlich besser gelegen. Bis auf 28 Prozent schoss der Balken nach der Nominierung Baerbocks in die Höhe. Dann folgte Fehler auf Fehler: ein geschönter Lebenslauf, der Vorwurf, sie habe in ihrem Buch abgeschrieben. Danach war es vorbei mit dem Höhenflug. Baerbock landete als Kanzlerkandidatin schließlich weit abgeschlagen auf dem dritten Platz hinter ihren Konkurrenten Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU/CSU).

Gegen Scholz verlor sie auch in ihrem Wahlkreis Potsdam. Habeck gewann dagegen eines der 16 Direktmandate der Grünen im ländlichen Schleswig-Holstein. Eine Besonderheit: Die anderen 15 Mandate wurden in städtischen Gebieten geholt, wo die Grünen traditionell stark sind. "Ich bin richtig stolz auf meinen Kreisverband, den Norden und ein bisschen auch auf mich", sagte Habeck dazu im Deutschlandfunk.

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Baerbock räumte am Montag ein, dass das Ergebnis hinter den Erwartungen geblieben sei und sie zusammen mit Habeck Verantwortung dafür trage. Sie fügte aber auch hinzu, dass sie „in einer ganz besonderen Verantwortungsrolle“ sei.

Aus der Wahl geht sie jedenfalls deutlich geschwächt hervor. Seit der Schließung der Wahllokale hat sich die Medienpräsenz ihres Co-Vorsitzenden Habeck schon deutlich erhöht. Er macht oft die deutlicheren Ansagen.

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Wie bei der Kanzlerkandidatur gibt es aber auch in der Vizekanzler-Frage das Proporz-Problem. Wäre Habeck angetreten, hätten sich drei Männer um das höchste Regierungsamt beworben. Wenn er nun Vizekanzler wird, würden in beiden möglichen Konstellationen drei Männer die Regierung anführen.

Habeck hatte keinen Hehl daraus gemacht, wie sehr es ihn geschmerzt hat, zugunsten Baerbocks auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten. Die Nominierung seiner Co-Vorsitzenden hatte er als „persönliche Niederlage“ bezeichnet. „Nichts wollte ich mehr, als dieser Republik als Kanzler zu dienen. Und das werde ich nach diesem Wahlkampf nicht“, sagte er in einem Interview der „Zeit“. Nach der Wahl kann er nun zumindest Vizekanzler werden. (Tsp, dpa)

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