zum Hauptinhalt

Politik: Eskalation im Nahen Osten: Gemeinsam aufs Familienfoto? Nein, danke!

Obwohl die Europäische Union den Staaten am Südrand des Mittelmeeres Milliardengelder anbot, konnte sie dafür kein freundliches Lächeln ernten. Schroff weigerten sich am Donnerstag in Marseille sieben arabische Außenminister, mit ihren EU-Gastgebern neben den israelischen Kollegen Schlomo Ben Ami zu treten.

Obwohl die Europäische Union den Staaten am Südrand des Mittelmeeres Milliardengelder anbot, konnte sie dafür kein freundliches Lächeln ernten. Schroff weigerten sich am Donnerstag in Marseille sieben arabische Außenminister, mit ihren EU-Gastgebern neben den israelischen Kollegen Schlomo Ben Ami zu treten. "Wir haben gefordert, dass es kein Familienfoto gibt", bemerkte knapp ein arabischer Spitzendiplomat. Syrer und Libanesen waren der Einladung der Europäer zur vierten EU-Mittelmeer-Konferenz erst gar nicht gefolgt. Das Treffen in Marseille offenbarte: Die Europäische Union verfügt in der Nahost-Politik über kein abgestimmtes Gesamtkonzept, hat bei den Konfliktpartnern keine durchgreifende Autorität und beschränkt sich daher auf die Rolle eines gutmütigen Partners, der die streitenden Brüder zu besänftigen sucht.

So war in Marseille wieder mühsame diplomatische Puzzle-Arbeit gefragt. Mit ihrem Strukturhilfe-Fonds MEDA will die EU die trans-mediterrane Zusammenarbeit in Formen gießen. Bis 2006 können 5,35 Milliarden Euro (10,46 Milliarden Mark) für Infrastruktur, Bildungsprojekte und Sozialprogramme ausgegeben werden. Aber in der ersten Tranche ist, wie bei dem zweitägigen Treffen bitter bilanziert wurde, aufgrund administrativer Schwierigkeiten nur ein Viertel der angebotenen Mittel abgeflossen. Daneben winken den Mittelmeer-Anrainern Freihandelsvereinbarungen: Bis zum Jahr 2010 wollen die 27 Teilnehmer der Partnerschaft eine Freihandelszone zusammenschweißen. Aber fünf Jahre nach dem Startsignal ist die Bilanz auch hier noch mager: Wirksame Regelungen bestehen bislang nur mit Israel, Malta, Zypern, der Türkei und den Palästinensern.

Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) ficht das nicht an. Für ihn ist das MEDA-Programm eine "sehr konkrete" Form der Zusammenarbeit. Fischer steht zu der EU-Strategie, den Nahost-Friedensprozess durch politische Kleinarbeit abzusichern. Er brachte in Marseille gar den "Hintergrund der europäischen Erfahrung mit der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) ins Gespräch, um Chancen der künftigen europäischen Mitwirkung am Nahost-Frieden aufzuzeigen.

Andreas Osterhaus

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false