zum Hauptinhalt
Ein Mann schwenkt die Oppositionsflagge, die ein "Freies Syrien" propagiert, in Akcakale – im Hintergrund die umkämpfte Stadt Tel Abjad.

© BULENT KILIC/AFP

Update

Eskalation in Nordsyrien: Assad schickt Truppen, Trump zieht weitere ab

Wegen der türkischen „Aggression“ entsendet die Regierung in Damaskus Soldaten in den Norden. Die USA holen dagegen praktisch alle Kräfte aus der Region zurück.

Als Reaktion auf die türkische Offensive in Nordsyrien entsendet die syrische Armee nach Angaben der Staatsmedien Truppen in das Gebiet. Die Armee werde sich der türkischen "Aggression" entgegenstellen, meldete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana am Sonntag.

"Syrische Armeeeinheiten werden nach Norden verlegt, um sich der türkischen Aggression auf syrischem Gebiet entgegenzustellen", hieß es in dem Bericht. Nähere Details zu der Mobilmachung wurden zunächst nicht genannt. Laut einem Bericht des libanesischen TV-Senders Al-Mayadeen sollen die Truppen bereits ab Montagmorgen zur türkischen Grenze entsandt werden.

Der Schritt folgt auf eine Vereinbarung der Regierung von Präsident Baschar al-Assad mit den Kurdenmilizen, gegen die Ankara am Mittwoch eine Militäroffensive begonnen hatte. Die Abmachung ist ein Hinweis auf die zunehmend verzweifelte Lage der Kurden, die mit dem Abzug der US-Truppen dort ihren wichtigsten Verbündeten verloren haben.

Die kurdische Autonomieverwaltung in der Region beschrieb die Vereinbarung mit Damaskus als Ergebnis einer zunehmend ausweglosen Lage. „In den vergangenen fünf Tagen sind die abscheulichsten Verbrechen gegen unbewaffnete Zivilisten begangen worden“, hieß es in einer Mitteilung. „Wir mussten mit der syrischen Regierung verhandeln, die die Aufgabe hat, die Landesgrenzen und die syrische Souveränität zu schützen.“ Die Regierungstruppen müssten die SDF nun dabei unterstützen, die von der türkischen Armee und von deren verbündeten Milizen eingenommenen Gebiete zu befreien.

Die syrische Armee hatte sich im Zuge des seit 2011 laufenden Bürgerkrieges im Land größtenteils aus dem Nordosten zurückgezogen. Dort hatten vielerorts kurdische Kräfte die Kontrolle übernommen und 2014 eine Selbstverwaltung errichtet. International werden die Autonomiebestrebungen nicht anerkannt, in vielen Orten im Nordosten hat die Assad-Regierung heute faktisch aber keine Macht.

Die Vereinbarung erfolgte den Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge gemeinsam mit Russland. Aus Moskau gab es zunächst keine Hinweise darüber, ob Russland die syrischen Truppen im Nordosten unterstützen würde. Angesichts eines drohenden türkischen Einmarsches hatte die syrische Armee auf Bitten der Kurdenmilizen bereits im Dezember 2018 Truppen nach Manbidsch an der Grenze zur Türkei verlegt.

Annähernd 1000 US-Soldaten sollen Syrien verlassen

Während das Assad-Regime in die Kämpfe im Norden seines Landes eingreift, ziehen sich die USA weiter zurück. Die Regierung in Washington kündigte am Sonntag die Abberufung von bis zu 1000 US-Soldaten aus der Region an. US-Präsident Donald Trump habe nach Gesprächen mit seinem Sicherheitskabinett den "wohlüberlegten Abzug von Soldaten aus Nordsyrien" angeordnet, sagte US-Verteidigungsminister Mark Esper im Sender CBS.

Im Sender Fox News sagte Esper, betroffen seien "weniger als tausend Soldaten". Es handele sich nicht um einen vollständigen Rückzug der US-Armee aus Syrien, betonte der Verteidigungsminister. Die genannte Zahl entspricht jedoch fast allen verbliebenen US-Soldaten in Nordsyrien.

Einen genauen Termin für den Rückzug nannte Esper nicht. Der Zeitplan ändere sich "stündlich". Das Pentagon wolle sichergehen, dass der Rückzug "auf sehr sichere und wohlüberlegte Weise" stattfinden werde, sagte Esper. Die US-Truppen in Nordsyrien seien in einer "unhaltbaren Situation" und sähen sich zwischen vorrückenden kurdischen und türkischen Einheiten "gefangen". "Eine Situation, die von den Türken, von Präsident Erdogan provoziert wurde", fügte Esper hinzu.

Trump: US-Armee soll aus „endlosen Kriegen“ aussteigen

Trump äußerte sich am Sonntag nicht selbst zu dem Rückzug der US-Soldaten. Im Kurzbotschaftendienst Twitter ging er jedoch erneut auf seine Strategie ein, die US-Armee aus den "endlosen Kriegen" im Nahen Osten zurückziehen zu wollen. "Die Kurden und die Türkei kämpfen seit vielen Jahren gegeneinander. (...) Andere wollen vielleicht reingehen und für eine der beiden Seiten kämpfen. Lasst sie!", schrieb der Präsident.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Trump hatte zu Wochenbeginn den Rückzug von US-Spezialeinheiten aus Nordsyrien bekanntgegeben und damit das Feld für den türkischen Einmarsch in das von den Kurden kontrollierte Gebiet bereitet. Seit Beginn der Offensive befinden sich nach UN-Angaben 130.000 Menschen auf der Flucht.

Die USA und andere westliche Staaten hatten den türkischen Militäreinsatz von Beginn an heftig kritisiert, da sie in der Kurdenmiliz YPG den wichtigsten Partner im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sehen. Deutschland und Frankreich forderten deshalb am Sonntag ein sofortiges Ende der Offensive. Tags zuvor hatten sie bereits angekündigt, keine neuen Waffenexporte an den Nato-Partner zu genehmigen.

Für zusätzliche Spannungen zwischen Washington und Ankara sorgte ein Zwischenfall nahe der syrischen Grenzstadt Kobane. Die USA warfen der Türkei vor, dort am Freitagabend US-Soldaten unter Beschuss genommen zu haben.

US-Finanzminister Steven Mnuchin sagte am Freitag, auf Geheiß von Präsident Donald Trump seien "sehr weitreichende" Strafmaßnahmen gegen Ankara auf den Weg gebracht worden. Am Sonntag erneuerte Mnuchin die Sanktionsdrohungen. Washington könne "alle Dollar-Transaktionen mit der gesamten türkischen Regierung" auf Eis legen, sobald Trump die Strafmaßnahmen autorisiert habe, warnte er im Sender ABC. (Tsp, AFP, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false