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EU-Außenministerin: Ashton muss zwei Herren dienen

EU-Außenministerin Catherine Ashton stößt wegen ihrer mangelnden Präsenz auf Kritik. Schwierig: Sie ist als EU-Außenministerin Vizepräsidentin in der Kommission des Portugiesen José Manuel Barroso und gleichzeitig den Mitgliedstaaten verantwortlich.

Die Überraschung war groß, als die Britin Catherine Ashton im vergangenen November zur ersten EU-Außenministerin berufen wurde. Galt doch die 53-Jährige, die bis dahin EU-Handelskommissarin gewesen war, in Sachen Außenpolitik als unbeschriebenes Blatt. Noch größer war die Irritation in Brüssel, als die neue europäische Chefdiplomatin kurz nach ihrer Ernennung verlauten ließ, dass sie gar nicht daran denke, den größten Teil ihrer Zeit mit Auslandsreisen zu verbringen. Sie habe nicht vor, 300 000 Kilometer pro Jahr zurückzulegen, erklärte Baroness Ashton of Upholland, deren Mann und Kinder in London leben – und enttäuschte damit diejenigen, die sich von ihrer Ernennung eine größere Präsenz der EU auf der Weltbühne erhofft hatten.

Ashton musste sich im vergangenen Monat vorwerfen lassen, nach dem Erdbeben in Haiti nicht genug Präsenz gezeigt zu haben. Anders als US-Außenministerin Hillary Clinton verzichtete die Britin auf einen Besuch im Katastrophengebiet und verteidigte sich mit den Worten, sie sei weder Ärztin noch Feuerwehrfrau. Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nahm Ashton in Schutz und erklärte, es gehe nicht darum, sich sehen zu lassen, sondern tatsächlich Hilfe zu leisten – und dies tue die EU in Haiti.

Trotzdem erwarten nicht zuletzt auch die Europaabgeordneten von Ashton mehr Engagement in den Fragen, die die entscheidenden außenpolitischen Brennpunkte der Welt berühren. So habe man nach den Wahlen in der Ukraine von der EU-Außenministerin wenig gehört, kritisiert die Grünen-Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms und spricht von einer „vergebenen Chance“.

Zu beneiden ist Ashton nicht – denn sie hat die heikle Aufgabe, unter dem Dach des neuen EU-Außenamtes, des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), den außenpolitischen Sachverstand der EU-Kommission und der europäischen Mitgliedstaaten zusammenzuführen. Das schlägt sich auch in Ashtons Doppelrolle nieder – sie ist als EU-Außenministerin Vizepräsidentin in der Kommission des Portugiesen José Manuel Barroso und gleichzeitig den Mitgliedstaaten verantwortlich. Man müsse bei der Beurteilung ihrer bisherigen Leistung fairerweise berücksichtigen, dass sie „Dienerin zweier Herren“ sei, sagt Grünen-Politikerin Harms. Allerdings habe sie es noch nicht geschafft, eine „eigenständige Linie zu finden“.

Barroso kann es dabei nur recht sein, wenn Ashton anderen Mitgliedern der EU-Kommission das außenpolitische Feld überlässt. Schließlich eröffnet sie damit für Barrosos Mannschaft die Möglichkeit, beim gegenwärtigen Ringen mit den EU-Mitgliedstaaten um die künftige Aufgabenverteilung Pflöcke einzuschlagen.

Auf Kritik stößt in Brüssel auch die Personalpolitik der neuen europäischen Chefdiplomatin. So wird moniert, dass sich Ashton in ihrem Kabinett vor allem mit Landsleuten umgibt; nicht weniger als vier der zwölf Kabinettsmitglieder sind Briten. „Die Deutschen müssen aufpassen, dass Frau Ashton nicht zu eng mit den Briten und Franzosen zusammenarbeitet“, warnt der CDU-Europaabgeordnete und Außenpolitikexperte Elmar Brok. Aus deutscher Sicht ist immerhin eines beruhigend: Zu dem Beratergremium, das Vorschläge über die Struktur des EAD erarbeiten soll, gehört auch Helga Schmid, die Ex-Büroleiterin des früheren Außenministers Joschka Fischer und spätere Chefin des Planungsstabs von Ashtons Vorgänger Javier Solana.

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