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Politik: EU beschliesst Verhandlungen mit Türkei

Gipfel setzt Beginn der Beitrittsgespräche für den 3. Oktober 2005 fest / Erdogan bewegt sich in Zypernfrage

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union bieten der Türkei Gespräche über einen Beitritt an. Sie sollen am 3. Oktober 2005 beginnen. Das verlautete am Donnerstagabend aus Konferenzkreisen beim Gipfeltreffen in Brüssel. Zuvor hatte bereits Bundeskanzler Schröder erklärt, er gehe davon aus, dass die Verhandlungen im Jahr 2005 beginnen. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte, die Zeit für die Aufnahme der Gespräche sei „reif“. Schon vor Beginn der Gespräche in Brüssel hatten auch Regierungschefs, die der Türkei kritisch gegenüber stehen, für den Beginn von Verhandlungen plädiert. Die Mehrheit des Bundestages stimmte gegen die Stimmen von FDP und Union für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Türkei.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan signalisierte unmittelbar vor dem Treffen der 25 Staats- und Regierungschefs in Brüssel Kompromissbereitschaft hinsichtlich der Verhandlungsbedingungen. Der Zeitung „Milliyet“ sagte er, entscheidend sei das Ziel der Vollmitgliedschaft. Dass die Verhandlungen ergebnisoffen seien und jederzeit abgebrochen werden könnten, sei ihm klar.

Bevor die Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend die Gespräche aufnahmen, galt die Lösung des Zypern-Problems noch als schwierige Hürde. Bis zum späten Abend blieb unklar, ob es in dieser Frage eine Annäherung gegeben hat. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana appellierte an die Türkei, das EU-Mitglied Zypern anzuerkennen, um der EU beizutreten. Regierungschef Erdogan stellte eine Geste an Zypern in Aussicht: Er wolle den griechisch-zyprischen Ministerpräsidenten Tassos Papadopoulos „für einen neuen Friedensprozess“ nach Nordzypern einladen, erklärte er in Brüssel.

Der Bundestag stimmte am Donnerstag für Beitrittsgespräche. „Ziel der Verhandlungen ist es, den Beitritt der Türkei zur EU vorzubereiten“, hieß es in dem Antrag von SPD und Grünen. Union und FDP lehnten den Antrag ab. CDU-Chefin Angela Merkel kritisierte, dass es für den Fall eines Scheiterns der Gespräche mit der Türkei keine Rückfallposition gebe. Ein Fehlschlag der Verhandlungen würde deshalb auch eine „Katastrophe“ für die EU und die Türkei sein, sagte Merkel weiter. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) warf der Union in der kontroversen Debatte dagegen außenpolitische Kurzsichtigkeit vor.

Auch bei ihren europäischen Parteifreunden konnte sich Merkel am Donnerstag bei einem Treffen bei Brüssel mit dem Konzept einer „privilegierten Partnerschaft“ zwischen der EU und Ankara nicht durchsetzen. Mit Blick auf das Ziel der Beitrittsgespräche sagte die CDU-Chefin, die Vorstellungen unter den konservativen Regierungs- und Parteichefs lägen zu weit auseinander. In jedem Fall müsse aber beim EU-Gipfel der „ergebnisoffene Charakter der Verhandlungen mit der Türkei“ unterstrichen werden.

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