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Heroin

© dpa

EU: Dänemark will staatliche Heroinabgabe testen

Die dänische Opposition hat gute Chancen das Gesetz für eine staatliche Heroinabgabe gegen die Minderheitsregierung durchzubringen. Projekte für Schwerstabhängige wie in Deutschland sind politisch aber umstritten.

Auch in Dänemark wird offenbar bald die kontrollierte kostenlose Abgabe von Heroin statt Methadon an Schwerabhängige getestet. Im dänischen Parlament gibt es dafür erstmals eine Mehrheit. Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF), die normalerweise die bürgerliche Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen stützt, hat den Oppositionsparteien im dänischen Folketing überraschend Unterstützung in der Frage signalisiert. Sie war bislang strikt dagegen. Ein Beschluss für die Verteilung des „statsheroin“ (Staatsheroin) gegen den Widerstand der Regierung ist nur noch eine Zeitfrage. Denn alle Oppositionsparteien einschließlich der Sozialdemokraten sind für den Versuch. Entsprechende Projekte in Deutschland sind ebenfalls politisch umstritten.

Ein entsprechender Gesetzesvorschlag sei bereits in Arbeit und würde bald dem Parlament vorgelegt werden, wird Birthe Skaarup, gesundheitspolitische Sprecherin der DF, in dänischen Medien zitiert. An ausgewählten Süchtigen soll unter Aufsicht von Sozialarbeitern getestet werden, ob die Vergabe von Heroin sinnvoll ist. Grund für den Vorstoß der Opposition sind Erfahrung aus Entzugsprogrammen. Sie zeigten, dass Ersatzdrogen wie Methadon bei sehr schweren Fällen kaum wirken. Hinzu kommt, dass die Beschaffungskriminalität und die Übertragung von Krankheiten durch die kontrollierte Gratisvergabe wegfielen. „Wir haben mehrere Jahre mit verschiedenen Programmen für die am schlimmsten belasteten Drogenabhängigen verbracht, also für die, die völlig am Boden sind und bei denen nichts anderes zu helfen scheint“, sagt Skaarup. Ziel sei, dass diese Menschen wieder ein normales Leben führen und vielleicht wieder arbeiten gehen können, erklärte die Politikerin. Für den Richtungswechsel bei der Volkspartei steht die Parlamentarierin und Lehrerin Karin Nödgaard. Sie ließ sich von den guten Erfahrungen anderer Länder und Besuchen in Fixerkreisen überzeugen. Hinter dem Wechsel steht auch die Erfahrung, dass es schwer ist, Heroinabhängige überhaupt zu heilen, wie Ärzte mit Blick auf eine hohe Rückfallquote sagen. Nicht alle Experten sind von diesem Ansatz überzeugt. „Wer staatliches Heroin verteilt, hat die Hoffnung aufgegeben, dass Drogenabhängige tatsächlich rehabilitiert werden können“, sagt Mats Svensson, Chef der Methadonpraxis im südschwedischen Lund. Den Dänen gehe es nur darum, die Fixer ruhig zu stellen, damit sie kein Problem für die Gesellschaft sind, statt sie zu heilen. „Mit legalem Heroin brauchen die Fixer nicht mehr stehlen, Menschen auszurauben, zu morden oder sich zu prostituieren“, sagt Svensson. Aber die Abhängigkeit bleibe bestehen, kritisiert er.

Auch in Deutschland ist das Thema umstritten. Eine Mehrheit von 13 Bundesländern stimmte im Bundesrat jüngst einer Gesetzesinitiative der CDU-regierten Länder Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Nordrhein-Westfalen zu, die aber bei der Unionsfraktion im Bundestag auf Widerstand stößt. Nach den Plänen des Bundesrates für eine kontrollierte Heroinabgabe an Schwerstabhängige sollen Patienten, die älter als 23 Jahre und seit mindestens fünf Jahren abhängig sind, den Stoff Diamorphin in speziellen Einrichtungen erhalten können. Die Gesundheitsexperten der Union sehen die Gefahr, dass damit ein „genereller Rechtsanspruch“ auf eine entsprechende Behandlung geschaffen werde. Diamorphin, bei dem es sich um reines Heroin handelt, müsse als verschreibungsfähiges Betäubungsmittel eingestuft werden, heißt es in dem Gesetzentwurf des Bundesrates. Mit der Vorlage muss sich nun der Bundestag befassen. Modellprojekte in Frankfurt am Main, Bonn, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Köln und München wurden von Experten als erfolgreich eingestuft.

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