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EU: Erfolg des EU-Krisengipfels fraglich

Mit Maximalforderungen haben mehrere EU-Staaten einen Erfolg des Brüsseler Krisengipfels zur milliardenschweren Finanzplanung der Gemeinschaft am Freitag bis zum Schluss gefährdet.

Brüssel (17.06.2005, 18:17 Uhr) - Vor allem die Niederlande, Großbritannien und Schweden sperrten sich beim Treffen der Staats- und Regierungschefs gegen einen Kompromiss. Der EU-Ratspräsident und luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker suchte mit neuen Vorschlägen intensiv nach einer Lösung. Der Union drohte politischer Stillstand, nachdem sich der Gipfel am Vorabend lediglich auf eine Bedenkzeit zur EU-Verfassung einigte.

Vor allem der fundamentale Streit zwischen dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac und Großbritanniens Premier Tony Blair über Agrarausgaben und Briten-Rabatt drohte den Gipfel zu sprengen. Der niederländische Regierungschef Jan Peter Balkenende kündigte eine Blockade an, sollte der EU-Beitrag seines Landes nicht in Milliardenhöhe sinken.

Die Gipfelrunde war schon bei dem Versuch gescheitert, einen gemeinsamen Weg aus der schweren Verfassungskrise zu finden. Nach Großbritannien legten auch Portugal, Schweden, Dänemark und Finnland die Ratifizierung des neuen EU-Vertrages auf Eis. Tschechien kündigte einen ähnlichen Schritt an. Die Verfassung soll das Funktionieren der bis 2007 auf 27 Staaten gewachsenen EU garantieren. Das für den 1. November 2006 vorgesehene Inkrafttreten des Vertrages ist damit unmöglich. Ungeachtet dieser vereinbarten «Denkpause» wollen Polen und Estland an ihrem Zeitplan festhalten.

Juncker und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wollten im so genannten Beichtstuhl die noch weit auseinander liegenden Positionen zur Finanzplanung für 2007 bis 2013 versöhnen. Mit aller Härte forderten Schweden und die Niederlande drastische Kürzungen ihrer Zahlungen in die EU-Kasse. Angesichts der mangelnden Kompromissbereitschaft stand der Gipfel nach den Worten der österreichischen Außenministerin Ursula Plassnik vor dem Aus.

Wie aus den Delegationen weiter verlautete, schlug Barroso dann vor, einen Kompromiss zu suchen und diesen 2008 zu überprüfen. Nach den Einzelgesprächen sollte egen 18.00 Uhr die Sitzung fortgesetzt werden. Dann sollten alle Delegationen erklären, ob sie den Kompromissvorschlag Junckers als Verhandlungsgrundlage akzeptieren.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und Chirac sowie andere Gipfelteilnehmer zogen sich in ihre Hotels zurück. Tschechiens Ministerpräsident Jiri Paroubek sagte: «Die Chancen stehen 50:50.» Blair zeigte sich nur dann bereit, über den derzeit 5,2 Milliarden Euro schweren Rabatt seines Landes zu verhandeln, wenn die EU eine grundlegende Reform ihrer Finanzen und vor allem der Agrarausgaben einleite. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac lehnte Kürzungen kategorisch ab. Den Briten-Rabatt wollen die Franzosen abschmelzen. «Das Einfrieren reicht nicht aus», sagte Außenminister Philippe Douste-Blazy zu dem entsprechenden Juncker-Vorschlag.

Die Niederlande und Schweden drohten mit einer Blockade, sollte Juncker die Zahlungen ihrer Länder nicht deutlich herunterfahren. Deutschland und Frankreich und die Mehrheit der anderen Mitglieder signalisierten den Willen zur Einigung. Juncker will zwischen 2007 bis 2013 EU-Ausgaben von 870 Milliarden Euro - dies würde 1,06 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung entsprechen.

Balkenende drohte mit einem Veto, sollte er nicht um eine Milliarde Euro bei den Zahlungen in die EU-Kasse entlastet werden. Juncker bot 460 Millionen Euro an. Seit dem Nein seiner Landsleute zur EU-Verfassung steht Balkenende unter massivem Druck, die Belastungen des Nettozahlers zu verringern. Schwedens Ministerpräsident Göran Persson dämpfte die Hoffnungen auf eine Einigung. «Ich bleibe pessimistisch», sagte er. Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte in Brüssel ein «Signal der Entscheidungsfähigkeit». Deutschland könne mit dem Kompromiss leben. (tso)

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