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EU-Finanzen: Streit nach britischem Vorstoß

Mit der Vorlage britischer Kürzungsvorschläge ist der Streit um die Finanzplanung der EU neu entbrannt. EU-Kommissionspräsident Barroso bezeichnete die Vorschläge als inakzeptabel.

London/Brüssel - Die EU-Kommission wies die Forderungen der britischen Ratspräsidentschaft nach grundsätzlicher Beibehaltung des Milliarden-Rabatts für London sowie Streichungen bei Hilfsprojekten für die neuen EU-Länder in Osteuropa umgehend zurück.

Großbritanniens Außenminister Jack Straw verlangte, die Finanzplanung für die Jahre 2007-13 müsse von den bislang angesetzten 871 Milliarden auf rund 847 Milliarden Euro verringert werden. So werde der Anteil des Haushalts an der gesamten EU-Wirtschaftsleistung von 1,06 auf 1,03 Prozent und gegen Ende des Finanzplanzeitraums sogar auf 1 Prozent oder gar noch darunter sinken. Die reichen Nettozahler, darunter auch Deutschland als größter Einzahler, fordern eine Obergrenze von 1,0 Prozent.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Belgiens Premierminister Guy Verhofstadt versicherten bei einem Treffen in Berlin, sie würden den britischen Vorschlag prüfen. Das Papier sei gerade erst im Kanzleramt eingetroffen, sagte Merkel am Abend. Sie könne deshalb noch keine Bewertung abgeben. Klar sei, dass eine Lösung des seit Monaten andauernden Streits um die EU-Finanzen gefunden werden müsse.

Nach Einschätzung von EU-Diplomaten stehen die Zeichen für den EU-Gipfel am 15./16. Dezember in Brüssel auf Sturm. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte: «Der Vorschlag der britischen Ratspräsidentschaft ist inakzeptabel und einfach nicht realistisch.» Er ziele nicht «auf das stärkere, erweiterte Europa, das wir haben wollen», sagte er. «Dies ist eine andere Art Europa, dies ist ein Budget für ein Mini-Europa.» Nach Straws Worten sollen wesentliche Einsparungen von den neuen EU-Ländern in Osteuropa erbracht werden.

Der Minister bot im Gegenzug eine relative Reduzierung des britischen Beitragsrabatts an. London sei bereit, auf sieben Jahre verteilt real rund acht Milliarden Euro mehr in den EU-Haushalt einzuzahlen. Als Voraussetzung nannte Straw die Zustimmung der EU-Staaten zu einer gründlichen Überprüfung der Agrarsubventionen im Jahr 2008. Erst dann könne auch der Briten-Rabatt auf den Prüfstand kommen.

Grundsätzlich müsse Großbritannien den seit Jahren gewährten EU-Discount jedoch zunächst behalten, machte der Minister klar. «Es kann keine grundlegende Änderung am Rabatt geben ohne eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik.» Die Nachlässe für Großbritannien sollten jedoch nicht von den neuen, sondern allein von den 15 bisherigen EU- Staaten getragen werden.

Die Strukturbeihilfen für die osteuropäischen Länder sollen nach dem britischen Vorschlag um 14 Milliarden Euro sinken. Diese Staaten würden dann immer noch 150 Milliarden Euro erhalten. Das sei in heutigen Preisen mehr als doppelt so viel wie die Summe, die einst im Rahmen des Marshall-Plans für den Wiederaufbau Westeuropas geflossen sei, betonte Straw. London sei bereit, für die EU seinen «fairen Beitrag zu leisten, aber nicht mehr».

Der britische Budgetvorschlag sei «nicht fair» für die neuen Mitgliedstaaten aus Osteuropa, sagte dagegen Barroso. «Wenn wir ein modernes, offenes und wettbewerbsfähiges Europa wollen, dann brauchen wir die finanziellen Mittel, um das bewerkstelligen zu können», erklärte er. «Und das ist mit solch einem Vorschlag nicht möglich.» (tso/dpa)

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