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 Der estnische Ratsvorsitzende Finanzminister Toomas Toniste empfängt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

© Raul Mee/dpa

EU-Finanzministertreffen: Machtlos gegen die Internetriesen

Der EU fehlen Mittel zur Besteuerung von Google, Facebook & Co. Der neue Vorschlag der Finanzminister überzeugt nicht. Ein Kommentar.

Es ist zum Verzweifeln. Da erzielen die amerikanischen Internetunternehmen seit Jahren Milliardengewinne auf dem europäischen Markt, haben aber gleichzeitig ihre Steuervermeidungsstrategien so perfektioniert, dass die europäischen Staatshaushalte weitgehend leer ausgehen.

Daran werden die europäischen Finanzminister bei ihrem Treffen in Tallinn an diesem Wochenende kaum etwas ändern können, auch wenn sie das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt haben.

Europas Steueroasen sitzen mit am Tisch

Dabei erschien der Vorschlag, den die Finanzminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Spaniens vor dem Gipfel an den estnischen Gastgeber geschickt hatten, auf den ersten Blick elegant und einfach umsetzbar. Da Amazon, Google, Apple, Facebook und Co. ihre Gewinne mithilfe von Briefkastenfirmen in Steueroasen kleinrechnen, wollten die vier stattdessen deren in Europa erzielte Umsätze besteuern. Darauf solle ein Steuersatz von zwei bis fünf Prozent erhoben werden, in der Hoffnung auf diese Weise die entgangenen Körperschaftssteuern einzuziehen.

Das Vorhaben hat aber mehrere Haken. Änderungen im europäischen Steuerrecht können nur einstimmig beschlossen werden. Weil aber einige Unternehmens-Steueroasen wie Luxemburg, die Niederlande und Irland immer mit am Tisch sitzen, wird der Vorschlag schon an ihnen scheitern. Schließlich verdienen sie selbst gut daran, dass Internetunternehmen ihre europäischen Töchter bei ihnen angesiedelt haben.

Widerspruch zum internationalen Steuerrecht

Der Vorschlag verträgt sich aber auch nicht mit dem internationalen Steuerrecht. Dort gilt der Grundsatz, dass die Gewinne internationaler Unternehmen dort zu versteuern sind, wo die Wertschöpfung stattfindet. Die reine Nutzung der digitalen Dienstleistung stellt aber keine solche dar. Physische Betriebsstätten vor Ort in Europa benötigen die Digitalunternehmen daher gar nicht. Ihre Mitarbeiter können überall in der Welt ihre Programme schreiben. Um dieses Hindernis aus dem Weg zu räumen, argumentieren die Befürworter einer solchen Steuer in Europa, dass die Nutzer durch die Preisgabe ihrer Daten den Unternehmen helfen, ihre Algorithmen zu verbessern, also bei der Wertschöpfung mitwirkten.

In einer zunehmend digitalisierten Welt könnte sich diese Argumentation sehr bald als Bumerang erweisen. Die mit immer mehr Software ausgestatteten deutschen Autos könnten dann auch von ihren Nutzern in Asien oder den USA durch bloßes Datensammeln bei der Fahrt verbessert werden, inklusive daraus resultierender Steuerlast für die Hersteller.

Sinnvoller wäre es, wenn die EU den Kampf gegen die Steueroasen verschärft, sowohl intern als auch weltweit mithilfe der OECD.

Von Til Knipper

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