zum Hauptinhalt
Grenzposten

© AFP

EU: Freie Fahrt für Europas Bürger

Am Freitag entfallen die Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien – der Schengen-Raum wird größer. Es wird dann keine routinemäßigen Passkontrollen für Reisende mehr geben.

Berlin - 3757 Kilometer lang ist die Landgrenze, die Deutschland mit seinen Nachbarn teilt. Entlang von 3441 dieser Grenzkilometer sind ab Donnerstagnacht keine Kontrollen mehr  fällig. Drei Tage vor Weihnachten endet die Schlagbaumkontrolle jetzt auch zu Polen und zu Tschechien. Nur bei der Einreise in die Schweiz (316 Kilometer Grenze) muss zumindest potenziell noch ein Dokument vorgezeigt werden.

Ab Freitag gilt die europäische Reisefreiheit für EU-Bürger vom Polarkreis bis Sizilien, von den Kanaren bis zum Baltikum. Ab Freitag setzen neun der neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union das sogenannte Schengen-Abkommen um. Neben Polen und Tschechien treten Estland, Lettland, Litauen, Malta, die Slowakei, Slowenien, und Ungarn dieser Zone bei. Vorerst entfallen die Personenkontrollen nur an den Landgrenzen, ab März 2008 dann aber auch bei der Einreise über Flughäfen. Nur Bulgarien, das Schengen für 2011 anpeilt, Rumänien und Zypern, dessen Situation durch die innere Demarkationslinie zwischen beiden Inselteilen kompliziert ist, fehlen noch.

Insgesamt kooperieren im grenzkontrollfreien Schengen-Verbund damit 24 Staaten. Alle alten EU-Staaten – außer Großbritannien und Irland. Die neuen Staaten – außer den drei Nachzüglern. Und schließlich noch Norwegen und Island, die als Nicht-EU-Mitglieder ein Assoziationsabkommen mit der EU abgeschlossen haben. Und für Ende des Jahres 2008 erwartet die Union auch das Entfallen der eidgenössischen Grenzkontrollen, da die Schweiz in einer Volksabstimmung 2005 den Schengen-Beitritt bereits beschlossen und eine Assoziierung vereinbart hat.

Statt der herkömmlichen Passkontrollen an Grenzübergängen führen die Bundespolizei und ihre Kollegen aus den Nachbarstaaten im Schengen-Raum lageabhängige Kontrollen in einem 30-Kilometer-Streifen hinter den Landesgrenzen durch. Dadurch, so das Bundesinnenministerium, werde das Kontrollregime für potenzielle Straftäter weniger berechenbar. Nicht ein reduzierter, sondern ein erhöhter Fahndungsdruck sei die Folge.

Alle künftigen EU-Staaten sind an Schengen gebunden. Allerdings behält es sich die Europäische Union vor, den Zeitpunkt selbst zu bestimmen, zu dem die Grenzkontrollen wegfallen. Erst wenn die neuen EU-Staaten als schengentauglich gelten, also alle Standards erfüllt werden, heißt es: Grenzen frei.

Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass weniger Grenzen nicht weniger innereuropäische Sicherheit bedeuten. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt in dieser Frage eine eher ungewöhnliche Rolle zu. Der Kritik am Wegfall der Grenzkontrollen begegnet der Minister mit den Worten: „Es wird mehr Freiheit geben und nicht weniger Sicherheit.“ Denn mit dem Wegfall der Kontrollen werde vielmehr die polizeiliche Zusammenarbeit intensiviert.

Tatsächlich verlangt das Abkommen von Schengen von den Teilnehmerstaaten einen dicken Katalog an Sicherheitsmaßnahmen und eine Anpassung an die EU-Standards. Dazu zählen eine einheitliche Kontrolle der Außengrenzen, eine gemeinsame Visums- und Asylpolitikpolitik, die Regelung des Reiseverkehrs von Drittstaatsangehörigen, eine verstärkte polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit und die Einrichtung des Schengener Informationssystems (SIS).

Am SIS allerdings hapert es. In der Straßburger Mammutdatei sind rund 20 Millionen Daten aus den Mitgliedstaaten eingespeist: Angaben über verlorene Reisedokumente, gestohlene Fahrzeuge, verdächtigte Personen, Waffen. Über den Zentralcomputer sind die nationalen Sicherheitsbehörden vernetzt. Das System indes ist mehr als ausgelastet. Zum Beitritt weiterer Staaten sollte ein überholtes, vergrößertes „SIS2“ in Betrieb genommen werden. Wird es aber nicht. Man rechnet im Bundesinnenministerium damit, dass das neue System Ende des kommenden Jahres angewendet werden kann.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false