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Familienfoto. Die Staats- und Regierungschefs der EU beim Gipfel in Sibiu.

© AFP

EU-Gipfel in Sibiu: Außer Spesen nichts gewesen

Eigentlich will sich die EU in Sibiu ihrer selbst vergewissern - doch die fortgesetzte Brexit-Hängepartie und die Iran-Krise kamen dazwischen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Eigentlich klang es nach einem guten Plan, auf den sich die EU schon seit langem verständigt hatte. Nach dem Brexit sollte die Gemeinschaft pünktlich am Europatag am 9. Mai den Bürgern bei einem Gipfel im rumänischen Sibiu darlegen, welchen Weg sie in Zukunft gehen will. Nun ist aber der Brexit bis auf Weiteres erst einmal ausgefallen, was auch die Strahlkraft des Treffens von Sibiu erheblich vermindert hat. Die EU hat sich zwar in allgemeiner Form zu Prinzipien wie dem europäischen Lebensstil, der Demokratie und dem Rechtsstaat bekannt. Unterm Strich muss man aber mit Blick auf die konkreten Ergebnisse des Gipfels festhalten: außer Spesen nichts gewesen.

Neben dem weiter offenen Ausgang des Brexit-Dramas gibt es noch einen weiteren Grund, warum der Selbstvergewisserungs-Gipfel der EU auf einen ungünstigen Zeitpunkt fiel: Ausgerechnet in dem Moment, da die EU im Atomstreit zwischen den USA und dem Iran marginalisiert wird, haben sich Europas Staatenlenker zu ihrer Verantwortung auf der Weltbühne bekannt. Während das Iran-Abkommen, an dem die Europäer einen entscheidenden Anteil hatten, zur Makulatur zu werden droht, beschwören die 27 verbleibenden EU-Staaten ihre „globale Führungsrolle“. Deutlicher kann der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit der außenpolitischen Durchsetzungsfähigkeit der EU kaum zum Ausdruck kommen.

"Wir werden vereint durch dick und dünn gehen"

Im Gedächtnis bleiben wird die Gipfelerklärung von Sibiu, wenn überhaupt, wegen eines einprägsamen Satzes: „Wir werden vereint durch dick und dünn gehen.“ Die Worte erinnern ein wenig an die Berliner Erklärung von 2007, als die EU ihren 50. Geburtstag mit den Worten feierte: „Wir sind zu unserem Glück vereint.“ Trotz der auf der Hand liegenden Erkenntnis, dass angesichts von grenzüberschreitenden Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Migration oder der Übermacht der Digitalkonzerne an einem gemeinschaftlichen Vorgehen der Europäer kein Weg vorbeigeht, haben sich die Spaltungstendenzen in der Gemeinschaft im zurückliegenden Jahrzehnt aber leider verstärkt.

Daran sind in erster Linie diejenigen Schuld, die ihr Heil allein im Nationalstaat sehen: Italiens starker Mann Matteo Salvini, Ungarns Regierungschef Viktor Orban oder Österreichs FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Der aktuelle Kampfplatz von Salvini, Orban und Strache ist die Europawahl in zwei Wochen. Falls die Wahlbeteiligung bei der Wahl so niedrig sein sollte wie sonst auch, dürften die Populisten davon profitieren. Sie lehnen die EU-Kommission ab mitsamt sämtlicher Versuche, ein Stück mehr Mitwirkung der Basis ins Brüsseler Getriebe zu bringen. Dazu gehört das 2014 erstmals erprobte Spitzenkandidaten-Verfahren, welches den Ausgang der Europawahl unmittelbar mit der Benennung des Chefs der EU-Kommission verknüpft.

Macron tut der europäischen Demokratie keinen Gefallen

Vor diesem Hintergrund ist es umso unverständlicher, warum sich etliche Staats- und Regierungschefs – allen voran Frankreichs Präsident Emmanuel Macron – mit dem Spitzenkandidaten-Verfahren so schwer tun. In Sibiu hat Macron seine Ablehnung des Prozederes noch einmal bekräftigt. Der europäischen Demokratie hat er damit keinen Gefallen getan.

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