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EU-Klimagipfel: Druck auf die Bundesregierung wächst

Das Gezerrre um die Verschärfung oder Lockerung der Umweltgesetzgebung wird hektischer. Während zahlreiche CDU-Politiker laxere Gesetze befürworten und Wettbewerbsnachteile befürchten, sieht der Sachverständigenrat für Umweltfragen keinen Widerspruch zwischen ökonomischen und ökologischen Interessen.

Vor dem EU-Gipfel zur Klimapolitik verstärken Gegner und Befürworter schärferer Regeln ihren Druck auf die Bundesregierung. Die CDU-Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens und des Saarlands, Jürgen Rüttgers und Peter Müller, verlangten Lockerungen. Die Umwelt-Berater der Bundesregierung und das Umweltbundesamt warnten jedoch am Samstag vor Aufweichungen des EU- Klimapakets im Angesicht der Wirtschaftskrise.

Saar-Regierungschef Müller sagte dem Magazin "Focus": "Die Bundesregierung sollte bei den EU-Verhandlungen an den Zielen des Klimaschutzes festhalten, aber den Zeitplan strecken." Er warnte vor einem Verlust von Arbeitsplätzen in der Wirtschaftskrise. Eine vollständige Versteigerung der Zertifikate, die der Industrie einen bestimmten Kohlendioxid-Ausstoß erlauben, lehnte er ebenso wie Rüttgers ab. Sonst erleide "die deutsche Wirtschaft gegenüber Frankreich einen Kostennachteil von 50 Milliarden Euro". Rüttgers warnte anderenfalls vor steigenden Strompreisen. "Das würde den Abschwung noch verstärken."

Trittin: Ein Anschlag auf den internationalen Klimaschutz

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen sieht in solchen Forderungen einen Rückfall in den Irrglauben, dass Umweltschutz der Wirtschaft schadet, wie es in einer "Zeit Online" vorliegenden Stellungnahme für die Bundesregierung heißt. Die Klimaschutz- Verhandlungen sollten nicht durch "unverhältnismäßige Rücksichtnahme auf industrielle Partikularinteressen" belastet werden. Die sieben Regierungsberater warnen besonders davor, bei der Reform des EU- Emissionshandels von dem Plan abzurücken, die Emissionsrechte von 2013 an zu versteigern. Auch Umweltbundesamt-Präsident Andreas Troge kritisierte im Sender SWR 2: "Wir waren schon mal weiter, zumindest was die Denke angeht."

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin sagte auf einem Parteitag der nordrhein-westfälischen Grünen in Krefeld: "Zu wenig Klimaschutz gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit und kostet Arbeitsplätze." Die Forderung, große Teile der deutschen Industrie vom Emissionshandel auszunehmen, sei "ein Anschlag auf den internationalen Klimaschutz".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Donnerstag in einer Regierungserklärung angekündigt, sich beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel für Ausnahmen für die energieintensive Industrie einzusetzen. Bereits im März 2007 hatten sich die EU-Chefs auf allgemeine Ziele verständigt. Unter anderem soll bis 2020 der Treibhausgas-Ausstoß um ein Fünftel verringert werden. Derzeit ringen Europaparlament, EU-Kommission und die Mitgliedstaaten um die Lastenteilung. Umstritten ist besonders der Emissionshandel.

Konsumgutscheinen für energiesparende Elektrogeräte

Troge plädierte für eine schnelle Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum als Berechnungsgröße auf den Schadstoffausstoß sowie für ein Programm zur energiesparenden Gebäudesanierung. "Wir sparen damit Energie, entlasten die Haushaltskassen und die Kassen der Unternehmen - und wir sind gewappnet gegen künftige Energiepreissteigerungen." In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag regte er auch die Ausgabe von Konsumgutscheinen für energiesparende Elektrogeräte und eine klimaorientierte Reform des Mietrechts an. So sollten Mieter ihre Vermieter verklagen können, wenn der errechnete Höchst-Energieverbrauch für die Wärme deutlich überschritten werde.

Unterdessen hat die Unionsfraktion laut "Spiegel" vor dem geplanten Kabinettsbeschluss für ein neues Umweltgesetzbuch am kommenden Mittwoch Bedenken erhoben. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer äußerten demnach bei Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die Befürchtung, dass Umweltbehörden zu große Ermessensspielräume bei Investitionsvorhaben von Firmen bekommen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katherina Reiche (CDU) forderte "Sorgfalt vor Schnelligkeit". Das Umweltgesetzbuch sollte das auf viele Gesetze verteilte Umweltrecht vereinen und Genehmigungen aus einem Guss statt in vielen getrennten Verfahren ermöglichen. (ah/dpa)

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