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EU Treffen in Cannes

© AFP

EU Migrationspolitik: "Es geht nicht darum, eine Mauer zu bauen.“

Der Einwanderungspakt soll die Abschiebung erleichtern. Frankreich und Deutschland sind sich darin einig. Zweifel bleiben, wie steuerungsfähig Migration an der EU-Außengrenze ist. Migranten kommen nicht, um zu gehen.

Bevor das informelle Treffen der EU-Innenminister am Montag in Cannes überhaupt richtig begonnen hatte, mussten sie sich gegen den Vorwurf wehren, sie würden darüber beraten, wie sich die EU am besten gegen Flüchtlinge abschotten kann. "Wir machen aus Europa keinen Bunker, sondern wir steuern Wanderbewegungen in der Welt“, sagte etwa Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Der luxemburgische Innenminister Luc Frieden pflichtete bei: "Es geht nicht darum, eine Mauer zu bauen.“ Auf dem Tisch fanden sie den Text für einen Einwanderungs- und Asylpakt, der nach dem Wunsch des gegenwärtigen EU-Ratschefs, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, im Oktober beschlossen werden soll. Demnach soll die EU insbesondere für hoch qualifizierte Arbeitskräfte, die legal einwandern, attraktiver werden. Allerdings betrachten die EU-Mitglieder die Regelung ihrer jeweiligen Arbeitsmärkte bislang weitgehend als nationale Angelegenheit.

Frankreich will 26.000 Migranten abschieben

Auch wenn sich Paris bei dem Einwanderungspakt nicht mit allen Vorstellungen durchsetzen konnte, so ist das Dokument unverkennbar auch ein Produkt der französischen Innenpolitik. So ist von "immigration choisie“ die Rede – vergleichbar dem deutschen Begriff von der "gesteuerten Einwanderung“. Die "mmigration choisie“ gehört zu Sarkozys Schlagworten: Frankreich soll auswählen können, welche Einwanderer auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden.

Mit Blick auf die illegalen Einwanderer hatte Sarkozy nach seiner Wahl zum Staatschef ein striktes Quotensystem bei der Abschiebung von Ausländern ohne Bleiberecht eingeführt. Einwanderungsminister Brice Hortefeux hat für dieses Jahr die Vorgabe bekommen, 26.000 Menschen abzuschieben. Im Jahr 2002 hatte die Zahl solcher Abschiebungen in Frankreich noch bei etwa 10.000 gelegen.

Einwanderungspakt dient der schnelleren Abschiebung

Eine schnellere Abschiebung illegaler Einwanderer sieht nun auch der geplante EU-Einwanderungspakt vor. Allerdings wird dort nicht die massenhafte Vergabe von Papieren an Illegale verurteilt, wie sie in der Vergangenheit in Spanien und Italien praktiziert wurde. Auf Wunsch Spaniens heißt es nun, dass sich die EU-Mitgliedstaaten künftig "auf Legalisierungen im Einzelfall“ beschränken sollen. Auch soll es erlaubt bleiben, Einwanderern ohne Bleiberecht aus humanitären oder wirtschaftlichen Gründen den Aufenthalt zu genehmigen.

Verzichten muss Paris auch auf das Vorhaben, die unterschiedlichen europäischen Asylverfahren mit der Hilfe einer eigenständigen EU-Behörde zu harmonisieren – auf deutschen Wunsch ist nun nur noch von einem verstärkten Informationsaustausch die Rede. Nach den Angaben des Europäischen Flüchtlingsrats können in Österreich 90 Prozent aller Flüchtlinge aus Tschetschenien mit einer Anerkennung ihrer Asylanträge rechnen, während sie in der Slowakei reihenweise abgewiesen werden.

Migrationssteuerung heißt: Arbeitslose raus und neue Fachkräfte rein

Schäuble will unterdessen mit Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) einem Zuwanderungsproblem ganz anderer Art Herr werden: Die demografische Lücke, die sich demnächst bei qualifizierten Arbeitskräften auftun dürfte, muss geschlossen werden. Um deshalb im internationalen Wettbewerb um die Köpfe nicht den Anschluss zu verpassen, erarbeiten beide Minister derzeit einen "Aktionsplan zur Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland“. Damit sollen Gutausgebildete und Hochqualifizierte ins Land geholt und gehalten werden.

Nach aktuellen Studien sei zu erwarten, heißt es im Entwurf des Aktionsplans, "dass mittel- und langfristig die Schwierigkeiten wachsen, den zunehmenden Bedarf an Fachkräften und Hochqualifizierten in Deutschland zu decken“. Bereits für das nächste Jahrzehnt bedrohe dieser Mangel das Wirtschaftswachstum.

Zwar betont die Bundesregierung auch die Notwendigkeit, in Deutschland selbst das Potenzial auszuschöpfen, bei Frauen und Migranten insbesondere, doch richtet sich der Aktionsplan nach außen: So soll der Arbeitsmarkt für Akademiker aus Nicht-EU-Staaten geöffnet und für Hochschulabsolventen aus den neuen EU-Staaten uneingeschränkt geöffnet werden.

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