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Gemeinsam gegen die Moderatoren. Martin Schulz und Jean-Claude Juncker beim TV-Duell in Berlin.

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EU-News-Blog zum Nachlesen: Schulz vs Juncker - Große Einigkeit statt TV-Duell

Kein TV-Duell, sondern die große Koalition von Europa? Jean-Claude Juncker, konservativer Spitzenkandidat, und sein Kontrahent Martin Schulz (SPD) waren sich - fast - immer einig. Alles rund um den Europa-Tag in Berlin zum Nachlesen im Blog.

Das war das TV-Duell der beiden Spitzenkandidaten der großen europäischen Volksparteien, Jean-Claude Juncker und Martin Schulz. Der Konservative und der Sozialdemokrat verstehen sich privat und auch politisch - das hat das Duell gezeigt. Hier die wichtigsten Aussagen zum Nachlesen. Damit beenden wir auch unseren News-Blog zum Europa-Tag in Berlin.

+++ Schulz will Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen, Juncker will dauerhaftes Wachstum +++

So, die letzte Frage an die beiden Herren: Was wäre ihr wichtigstes Projekt, wenn sie EU-Kommissionspräsident werden würden? Der Sozialdemokrat Martin Schulz nennt die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Das war relativ erwartbar, denn vorher hat er ausführlich erläutert, wie er das machen würde - bei einem Problem, das bisher vor allem die Nationalstaaten angehen müssen.

Der konservative Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker zögert etwas bei der Antwort. Fast hat man den Eindruck, er würde jetzt eigentlich auch gerne "Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit" sagen, schließlich ist das Thema nicht nur drastisch darstellbar und ein wirklich großes, sondern das Publikum hat gerade auch sehr wohlwollend die Aussagen von Martin Schulz beklatscht. Aber dann sagt Juncker doch: Sein Projekt als EU-Kommissionspräsident wären dauerhaftes Wachstum und stabile Staatsfinanzen. Auch hier applaudiert das Publikum freundlich.

EU-Kommissionspräsident wird im Übrigen derjenige, der von den Staats- und Regierungschefs dazu ernannt wird. Aber die müssen sich eigentlich daran halten, wen zuerst das EU-Parlament mit seiner Mehrheit gewählt hat. Deshalb wird es - wenn sich alle an das geltende Recht halten, so sehen es Schulz und Juncker - schon einer von ihnen beiden werden. Wenn nicht, "dann ist das ein Anschlag auf die Demokratie", sagt Schulz. Und Juncker appelliert an die Menschen, zur Wahl zu gehen, "damit die Populisten nicht durchmarschieren können". Dafür bekommt der Luxemburger den gefühlt lautesten Applaus des Abends.

+++ Kreditprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit +++

Der Sozialdemokrat Martin Schulz ist bei seinem Thema angekommen: Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Sie sei DAS Projekt für den nächsten Kommissionspräsidenten. Denn nicht nur, dass hier eine "Generation von jungen Männern und Frauen für eine Krise zahlt, für die sie nichts kann", findet Schulz. Das Thema eint auch Europa, weil es auch immer für die Eltern dieser Generation entscheidend ist.

Und das ist seiner Ansicht nach auch nicht nur eine Frage für die nationalen Regierungen. Er will deshalb für die kleinen und mittleren Unternehmen in Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland besonders Kreditprogramme der EU entwickeln. Diese sollten dann greifen, wenn die Unternehmen junge Leute einstellen.

Juncker findet schon auch, dass die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit eine europäische Aufgabe ist, aber er weist auch darauf hin, dass für wirtschaftliche Stabilität auch Wachstum nötig sei und man deshalb die öffentlichen Haushalte in Ordnung bringen müsse.

+++ Keine Chlorhühner mit den Sozialdemokraten +++

Das ist jetzt auch schön: Schulz sagt voller Pathos: "Mit mir wird es keine Chlorhühnchen geben." Da sind die Hühner schon mal froh. Jean-Claude Juncker ist übrigens auch dagegen, dass man das Freihandelsabkommen mit den USA "um jeden Preis" abschließt, und will auch keine Chlorhühner in der EU. Und, "die Hühner wollen das auch nicht". Sagt Herr Juncker.

Die beiden Kandidaten scheinen selbst zu merken, dass sie auch mal unterschiedlicher Meinung sein sollten. Doch auch die Frage zur Steuerpolitik hilft da nicht wirklich: Einen europaweiten Mindeststeuersatz finden beide gut, den Steuerwettbewerb, den Jean-Claude Juncker propagiert, weist Schulz weit von sich. Worauf Juncker den deutschen Sozialdemokraten Kungelei mit dem Großkapital vorhält. Wer war jetzt gleich noch mal der Konservative?

+++ Juncker: Die Finanztransaktionssteuer kommt +++

Die Transaktionssteuer soll kommen, EU-Kommissionspräsident Barroso arbeitet an einem Vorschlag, sagt Juncker. Aber es gebe eben auch ein paar Länder, die sich da schwer täten. Deshalb müsse man aufpassen, dass man nicht bestimmte Finanzorte benachteilige und andere nicht. Das war jetzt sehr diplomatisch und bestimmt nichts, dem der Sozialdemokrat Martin Schulz massiv widersprechen würde.

Aber jetzt, tritt hier etwa ein Unterschied zwischen Martin Schulz und Jean-Claude Juncker zu Tage, wenn es um die Bankenrettung in der Euro-Krise geht? "Die Zinsen sollten nicht erhöht werden", sagt Juncker. Schulz sagt, doch, und zwar für die Sparer. Juncker relativiert den Unterschied aber schon wieder und sagt: Wir sind uns doch wohl einig, dass die unabhängige Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank nicht beeinflusst werden soll? Schulz sagt: Ja. Schon wieder einig.

+++ Schulz will eine gemeinsame Wirtschaftsregierung für Europa +++

"Es gibt kein gemeinsames Europa ohne die gemeinsame Währung. Der Euro muss überleben, sonst scheitert Europa." So oder so ähnlich hat das auch schon Angela Merkel immer wieder gesagt, und die beiden überzeugten Europäer Martin Schulz und Jean-Claude Juncker können und wollen da natürlich nicht widersprechen.

Und wie geht es jetzt weiter in der Euro-Krise? Kommt vielleicht auch eine gemeinsame Wirtschaftsregierung? Weil sonst die Währungsunion keinen Sinn macht? "Ja", sagt Martin Schulz. Die enormen wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen den europäischen Staaten müssten beendet werden. Das findet Herr Schulz. Wie das aber genau gehen soll, das zu erklären, dazu fehlt offenbar leider die Zeit.

+++ Bürokratiemonster EU? Es braucht weniger Kommissare +++

Juncker ist "für die Reduzierung der Zahl der Kommissare". Aber, sagt der Mann, der aus Luxemburg, einem der eher kleineren EU-Länder kommt: Es wird dann eben auch Kommissionen geben, in denen zum Beispiel mal kein deutscher Kommissar sitzen wird.

Und hier ein Überblick über die deutschen Parteien, die sich zur Europa-Wahl stellen:

+++ Schulz: In absehbarer Zeit wird es keine EU-Erweiterung geben +++

28 Mitglieder hat die EU inzwischen. Was wollen Juncker und Schulz? Möglichst rasch noch mehr dazu holen? Ganz klar: Nein. In absehbarer Zeit wird die EU keine Erweiterungsrunden verkraften, sagt Martin Schulz. "Derzeit gibt es dafür in keinem Mitgliedsland eine Mehrheit." Das wird Serbien nicht freuen, und deshalb legt er auch noch für die "Staaten des Ex-Jugoslawien" nach, man müsse hier Modelle entwickeln, die die EU-Nachbarschaftspolitik diesen Ländern wirtschaftlichen und politischen Fortschritt bringen kann.

Gilt auch für Tunesien und Marokko. Juncker legt sich auch zahlenmäßig fest und sagt: "In den nächsten fünf Jahren wird es keinen 29. EU-Staat geben." Für den westlichen Balkan gebe es zwar eine Beitrittsperspektive, aber man sollen ihnen "keine leeren Versprechungen machen".

Und was ist mit der Türkei? Da winden sich die beiden Herren. Schulz sagt: Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei laufen, aber die Türkei scheint sich selbst vom Beitritt wieder zu verabschieden. Juncker sieht das genau so und sagt: "Wer Twitter verbietet, ist nicht beitrittsreif". Und dann zanken sich die beiden ein wenig, wer denn eigentlich Schuld an den jetzt laufenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ist: Kanzlerin Angela Merkel oder ihr Vorgänger Gerhard Schröder? Am Schluss sieht es so aus: Irgendwie beide.

+++ GroKo in Europa? Schulz und Juncker sind sich ziemlich einig +++

Bisher hat man den Eindruck, Jean-Claude Juncker und Martin Schulz sind keine Gegner, sondern ein Team, das gemeinsam Europa verkauft. Aber jetzt hakt Schulz nach: Sie wollen also auch ein europäisches Einwanderungsrecht? Juncker weicht aus. Die Moderatorin will noch einmal mehr zur Asyl- und Flüchtlingsfrage hören. Juncker sagt, man braucht eine Lösung. Wie die aussehen soll, sagt er nicht.

+++ Freizügigkeit und Sozialtourismus: Juncker sieht keinen Handlungsbedarf +++

"Wer betrügt fliegt" - kann sich Juncker diesem Slogan der europäischen Schwesterpartei CSU anschließen? Jetzt geht es um Freizügigkeit. Juncker will die Freizügigkeit auf keinen Fall in Frage stellen. Er sieht auch kein Regelungsdefizit, um Missbräuche in den Sozialsystemen zu verhindern. Falls das passiert, dann muss der Nationalstaat reagieren, sagt er. Aber nicht die EU. Die meisten Rumänen und Bulgaren sind aber nicht in Sachen Sozialtourismus unterwegs, sagt er Spitzenkandidat der Konservativen. Applaus des Studiopublikums. "Ich will in Europa keine neuen Grenzlinien ziehen", legt er noch nach.

Schulz will auch hier nicht widersprechen. Er weist deshalb auf einen anderen Umstand hin: In der EU gebe es 27 Millionen Arbeitslose, davon sechs Millionen arbeitslose Jugendliche. Das seien die echten Probleme, und hier sollten "diese Populisten" mal sagen, was zu tun sein. "Nicht diese populistisch hochgekochten Scheinprobleme".

+++ Ukraine: Keine Unterschiede zwischen Schulz und Juncker +++

Hat die EU im Blick auf die Ukraine im Vorfeld Fehler gemacht? Hat man dem Land möglicherweise zu große Hoffnungen auf einen möglichen Beitritt zur EU gemacht? Martin Schulz meint, Nein. In der aktuellen Krise wirbt er für den Weg seines Parteifreundes, Außenminister Frank-Walter Steinmeier vorschlägt, nämlich den der Diplomatie. Schulz geht davon aus, dass diese Art der Politik auch bei Russlands Präsidenten Putin verfängt. Wenn Russland die Separatisten nicht länger unterstützt - das glaubt Schulz -, dann "gehen die bald unter". Er setzt auf die für den 25. Mai geplanten Präsidentschaftswahlen, die "Stabilität und Frieden bringen".

War die EU naiv? Juncker sagt: Wir konnten uns nicht vorstellen, dass Putin so handeln würde. Aber er macht auch klar: "Wir werden nicht wegen Ukraine Krieg führen." Es brauche Druck auf Putin, aber man dürfe die Dialog-Kanäle nicht abbrechen. Das klingt jetzt bei beiden eigentlich exakt gleich.

Ein Zuschauer bringt es per Twitter auf den Punkt: Wie unterscheiden sie sich eigentlich beide in der Ukraine-Krise?, will er wissen. Schulz sagt: Dass mich Juncker in der Ukraine-Frage unterstützt, spricht für ihn. Und Juncker erklärt unter dem Applaus der Zuschauer, er werde hier keine künstlichen Gegensätze um des Wahlkampfes willen kreieren.

+++ Erstmal ist die Laune gut +++

Die Herren scherzen über Alter und Aussehen des jeweiligen Kontrahenten. Und wer ist jetzt schöner? Und wer sieht jünger aus? Aber dann geht es darum, wie in der Ukraine-Krise zu verfahren ist. Mal sehen, was Juncker und Schulz antworten.

+++ Schulz: Juncker steht für Europa der verschlossenen Türen +++

Gleich die erste Frage an den Sozialdemokraten Martin Schulz soll zur Konfrontation führen: Warum sollte Jean-Claude Juncker nicht Kommissionspräsident werden, will Moderator Peter Frey wissen. Weil Juncker für ein Europa der verschlossenen Türen stehe, wo die Mächtigen kungeln, findet Schulz. Eigentlich schätzt er Juncker eigentlich durchaus. Das zählt aber im TV-Duell nicht. Vielleicht klingt es auch deshalb etwas schwach, wenn Schulz dann sehr allgemein hinzufügt, er aber stehe für "mehr für Transparenz und Offenheit".

+++ Schulz darf TV-Duell beginnen +++

ZDF und ORF präsentieren zusammen das erste Fernsehduell der Spitzenkandidaten für die Europawahl - zumindest im deutschsprachigen Raum. Das ZDF-Studio in Berlin ist schon mal schön blau gehalten. Und jetzt kommen die beiden Herren: Jean-Claude Juncker und Martin Schulz. Gleich vorneweg die Bitte der Moderatoren, doch nicht zu lange zu antworten. Als erstes darf Martin Schulz (SPD) sprechen. Der aktuelle Präsident des EU-Parlaments hat beim Münzwurf gewonnen.

+++ Juncker verteidigt Verhandlungen zum Freihandelsabkommen +++

Vor dem TV-Duell waren die beiden Kontrahenten noch etwas angriffslustiger. So warf der konservative Europa-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker seinem sozialdemokratischen Herausforderer Martin Schulz „Schwindel“ in der Debatte über das geplante transatlantische Freihandelsabkommen vor. Schulz solle nicht so tun, als ob die Verhandlungen der EU mit den USA öffentlich geführt werden könnten, sagte Juncker am Donnerstag in Berlin. Der SPD-Politiker und Präsident des Europaparlament solle „aufhören mit diesem Schwindel“.

Zwar sagte auch Juncker, die Verhandlungen mit den USA „brauchen eine zusätzliche Dosis an Transparenz“. Die Europäische Union dürfe sich „aber nicht nackt den Amerikanern gegenüberstellen“. So sollten beispielsweise nach Absprache mit den USA alle Dokumente in diesem Zusammenhang veröffentlicht werden. Es mache aber keinen Sinn, die Verhandlungsstrategie vorab öffentlich zu machen. „Dann hat man keine Strategie mehr.“ Angesichts der Abhöraktionen des US-Geheimdienstes NSA müsse man sich allerdings ohnehin mit der Tatsache abfinden, dass die amerikanische Seite über die EU-Strategie Bescheid wisse.

Umfrage sieht Konservative europaweit vorn

Jean-Claude Juncker, konservativer Spitzenkandidat bei der Europa-Wahl, und sein Kontrahent Martin Schulz (SPD, links) beim TV-Duell.
Jean-Claude Juncker, konservativer Spitzenkandidat bei der Europa-Wahl, und sein Kontrahent Martin Schulz (SPD, links) beim TV-Duell.

© Reuters

Um 20.15 Uhr startet das TV-Duell im ZDF zwischen Martin Schulz, dem sozialdemokratischen Spitzenkandidaten für die Europawahl, und seinem konservativen Gegenspieler Jean-Claude Juncker. Eigentlich müsste Schulz angreifen, denn nach den jüngsten Umfragen kommen seine Sozialdemokraten bei der Europawahl nur auf 205 Sitze im Europaparlament, während die konservative EVP-Fraktion 216 Mandate erringen könnte.

+++ Schulz befürwortet Verhandlungen über Freihandelsabkommen +++

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) zeigt sich beim WDR-Europaforum ganz als Wahlkämpfer. Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei der Europawahl nennt auf die Frage, was seine erste Amtshandlung im Fall einer Ernennung zum EU-Kommissionspräsidenten wäre, drei Punkte: Kampf gegen die Steuerflucht, weniger Jugendarbeitslosigkeit und weniger Bürokratie in Brüssel. Das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA verteidigt Schulz im Grundsatz: „Ich befürworte die Verhandlungen.“

Die angestrebte Vereinbarung mit Washington könne Wachstum und Beschäftigung schaffen, erklärt er. Wenn aber bei den Verhandlungen europäische Standards beim Daten-, Umwelt- und Verbraucherschutz unter die Räder kämen, werde er sich dem entschieden entgegenstellen, sagt er.

Ein weiteres Thema, das Schulz umtreibt, ist die Digitalisierung und ihre politischen und wirtschaftlichen Folgen. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat stellt die Frage, warum europäische Werte nicht auch für die digitale Welt gelten sollten. Die Macht von Internet-Giganten wie Google dürfe jedenfalls nicht zu einer völligen Durchdringung des privaten und öffentlichen Lebens führen, fordert er.

Wie entscheidend der Algorithmus der weltweit führenden Suchmaschine inzwischen ist, veranschaulichte Schulz – mit einer Prise Selbstironie – folgendermaßen: Vom Algorithmus hänge ab, ob unter dem Suchbegriff „Martin Schulz“ die Erklärung „Provinzfuzzi aus dem westlichen Rheinland“ auftauche oder „Präsident des Europäischen Parlaments“.

+++ Merkel: Wir werden nicht zur Tagesordnung übergehen +++

Beim WDR-Europaforum im Auswärtigen Amt sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), es sei eine „gute Nachricht“, dass die Feiern zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni im Beisein des russischen Präsidenten Wladimir Putin stattfänden. Dies zeige, dass trotz der Meinungsverschiedenheiten in der Ukraine-Krise ein gemeinsames Gedenken „an die schwere Zeit des Zweiten Weltkriegs möglich ist“.

Angela Merkel beim WDR-Europaforum im Auswärtigen Amt.
Angela Merkel beim WDR-Europaforum im Auswärtigen Amt.

© dpa

Die Kanzlerin erklärt aber zugleich, dass die EU wegen der Annexion der Krim durch Russland erschüttert worden sei. „Wir werden nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagt die Kanzlerin. Als nächstes „Zwischenziel“ bezeichnet sie die Abhaltung freier Präsidentschaftswahlen in der Ukraine am 25. Mai. Es sei allerdings noch „viel zu tun“, damit die Präsidentschaftswahl abgehalten werden könne. In Moskau hatte es heute geheißen, die Präsidentschaftswahl in der Ukraine sei zum jetzigen Zeitpunkt "sinnlos". Merkel wies auch darauf hin, dass der Appell Putins, das umstrittene Referendum in der Ostukraine zu verschieben, eine weitere Vorbereitung der Präsidentschaftswahl ermögliche.

+++ Barroso kritisiert EU-Skepsis +++

In seiner Rede in der Humboldt-Universität kritisiert EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, dass inzwischen auch Parteien in der politischen Mitte die Angst vor Europa und die EU-Skepsis beförderten. Stattdessen sollten die Kräfte der politischen Mitte dagegenhalten, fordert der Portugiese. "Keine Vertragsänderung, kein Herumdoktern an den Institutionen kann den politischen Willen zugunsten Europas ersetzen", sagt Barroso. Zudem fordert er, dass sich die EU "nicht mit der Geschwindigkeit des Langsamsten" entwickeln dürfe. Das kann man als Kritik an der EU-Politik des britischen Premiers David Cameron verstehen, der Brüsseler Kompetenzen wieder auf die nationalstaatliche Ebene zurückholen will.

+++ Studenten protestieren gegen EU-Sparpolitik +++

Im Eingang vor dem Audimax der Humboldt-Universität hat sich der Geschichtsstudent Jasper Stange gemeinsam mit sechs weiteren Kommilitonen zu einem „Die In“ hingelegt. Die am Boden liegenden Studenten wollen damit den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso, der gleich im Audimax sprechen wird, auf die aus ihrer Sicht unmenschliche Politik der EU gegenüber den Krisenländern aufmerksam machen. „Wir sehen Herrn Barroso als einen Vertreter einer Austeritätspolitik, die Menschen tötet“, sagt der Student Stange. Die Studenten verteilen Flugblätter, auf denen steht: „Für ein Europa der Solidarität – nicht der Austerität! Nein zur Troika! Nein zu Barroso!“ Auch im Audimax selbst riefen Studenten: "Nein zur Troika!" Die Troika besteht aus der Europäischen Zentralbank, dem Internationalen Währungsfonds und der von Barroso geführten EU-Kommission. Um Barrosos Nachfolge bewerben sich der Kandidat der Konservativen, Luxemburgs Ex-Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, und EU-Parlamentschef Martin Schulz (SPD).

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

© Reuters

Ungarns Regierungschef Orban: Haben Europa erneuert

Jean-Claude Juncker und Martin Schulz - die beiden Hauptkontrahenten bei der Europa-Wahl.
Jean-Claude Juncker und Martin Schulz - die beiden Hauptkontrahenten bei der Europa-Wahl.

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Bei seiner Rede im Auswärtigen Amt gab Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban auch einen Überblick über seine nationalkonservative Ideologie: Er sprach sich für den „Schutz der Familie“ aus und gegen „massenhafte Einwanderung“ und betonte die Bedeutung der nationalen Identität. Man könne den Völkern nicht „ihren Stolz nehmen“, sagte er und plädierte für ein Europa der Nationen. Zugleich bemängelte er, dass die „christlichen Wurzeln“ Europas innerhalb der EU nicht ausreichend gewürdigt würden. Indem er die Bedeutung des „Zusammenlebens von Mann und Frau“ hervorhob, wandte er sich indirekt gegen die Homo-Ehe. In seinem Land sei eigens ein „Gesetz zum Schutz der Familie“ verabschiedet worden, sagte der Regierungschef.

+++ Orban: "Wir haben Ungarn erneuert" +++

Orban gab sich beim Europaforum des WDR selbstbewusst und verteidigte die von der EU als Rücknahme demokratischer Rechte kritisierte Umgestaltung seines Landes: „Wir haben Ungarn erneuert in den letzten Jahren, unser Land wurde gestärkt.“ Es gebe eine neue Verfassung, ein neues Strafgesetzbuch und eine neue Wirtschaftspolitik. Dies seien tiefgreifende Umwälzungen.

Für die Staaten Mittel- und Osteuropas wünscht Orban sich mehr Gehör innerhalb der EU. „Wir haben eigene Vorschläge“, betonte er. „Wir erwarten, dass der Westen akzeptiert: Was wir vertreten, ist keine Dummheit, es sind die Gedanken Mitteleuropas.“

+++ Ungarns Regierungchef Orban zu Gast in Berlin +++

Beim Europaforum des WDR im Auswärtigen Amt hält ein Regierungschef die Eröffnungsrede, der gerade nicht als begeisterter Europäer bekannt ist, sondern vielmehr immer wieder im Zentrum der Kritik stand: der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. Zehn Jahre ist sein Land jetzt Mitglied der Europäischen Union. Doch in Brüssel und den EU-Staaten wird die innenpolitische Entwicklung Ungarns mit Sorge beobachtet. Orban gestaltete mit der Zweidrittelmehrheit seiner Partei Fidesz das Land um: Er änderte die Verfassung und schränkte den Einfluss des Verfassungsgerichts ebenso ein wie die Pressefreiheit.

Und hier ein Überblick über die deutschen Parteien, die sich zur Europa-Wahl stellen:

+++ Juncker: "Schulz polarisiert" +++

Der konservative Europa-Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker nimmt bei seiner morgendlichen Pressekonferenz in Berlin Fahrt auf. „Es ist eine Lüge, als ob die Sozialisten mit der Art und Weise, wie die Krise bekämpft wird, nichts zu tun hätten.“, sagt der ehemalige luxemburgische Ministerpräsident mit Blick auf die Euro-Krise. Juncker erinnert daran, dass in seiner Zeit als Chef der Euro-Gruppe zwölf  Regierungschefs aus den Reihen der Sozialisten mit am Tisch gesessen und die Sparmaßnahmen für die Krisenländer mit beschlossen hätten.  Die Darstellung, dass die Konservativen in Europa für „exzessive Austerität“ stünden, sei falsch. „Herr Schulz ist jemand, der polarisiert“, sagt er weiter über seinen Gegenkandidaten von den Sozialdemokraten, den SPD-Politiker Martin Schulz.

Sich selbst hingegen bezeichnet Juncker als Brückenbauer zwischen Nord und Süd. „Man sollte aufhören damit, Länder gegeneinander auszuspielen. Das ist, um es auf Bayerisch zu sagen, ein absoluter Schmarrn“, erklärt er. Allerdings spricht er dann selber von einem „Tabellenstand“ unter den EU-Ländern. Staaten, die von Parteien aus der Familie der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) regiert würden, stünden wirtschaftlich besser da als Länder, in denen die Sozialisten am Ruder sind, sagt er. Und dann gibt es noch eine Spitze Richtung Frankreich, wo die Sozialisten mit Francois Hollande vor zwei Jahren die Wahl gewonnen haben. Dort habe ihm jüngst der Parteichef der Sozialisten, Jean-Christophe Cambadélis, vorgehalten, neoliberale Positionen zu vertreten, sagt Juncker. „Weiter so, Frankreich“, spöttelt er.

+++ Jean-Claude Juncker: Gestern Wien, heute Berlin +++

Der Spitzenkandidat der Konservativen bei der Europawahl, Jean-Claude Juncker, gibt am Donnerstagmorgen eine Pressekonferenz am Potsdamer Platz. Am Abend wird der Spitzenmann der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im TV-Duell im ZDF auf seinen Kontrahenten von den Sozialdemokraten, Martin Schulz, treffen. Juncker ist wie Schulz auf Wahlkampftour quer durch Europa, „ein schwieriges Unterfangen“, wie Juncker sagt. Am Mittwoch war er in Wien, am Dienstag in der Slowakei.

Den bevorstehenden TV-Schlagabtausch mit dem SPD-Politiker nennt der ehemalige luxemburgische Regierungschef einen „Gedankenaustausch“. Den Ausdruck „Duell“ möge er nicht, sagt Juncker. Es werde sich ergeben, ob die Unterschiede zwischen den beiden Spitzenkandidaten deutlich werden, sagt er. Er habe im Gegensatz zu Schulz Regierungserfahrung, lässt Juncker wissen. Der Luxemburger hofft bei dieser Pressekonferenz am Morgen, von Fragen verschont zu werden, die auf die Tatsache abzielen, dass sein Gesicht im Europawahlkampf in Deutschland nicht plakatiert wird: „Das Thema langweilt mich noch mehr als Sie“, sagt er in Richtung der Journalisten.

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