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Er hatte den Gesetzentwurf auf den Weg gebracht: EU-Kommissar Günther Oettinger, CDU.

© Peter Kneffel/dpa

EU-Parlament: EU-Rechtsausschuss stimmt für Leistungsschutz und Upload-Filter

Das Ergebnis war denkbar knapp: Der Rechtsausschuss des EU-Parlament hat sich für das Leistungsschutzrecht und die Einführung von Upload-Filtern ausgesprochen.

Der Rechtsausschuss des Europaparlaments hat sich für die umstrittene Einführung von Upload-Filtern ausgesprochen. Außerdem soll bei der europaweiten Urheberrechtsreform ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingeführt werden. Beide Vorhaben erhielten am Mittwoch in einer Abstimmung im maßgeblichen Ausschuss eine knappe Mehrheit. Kritiker sehen in den möglichen Neuregelungen eine Gefahr für das freie Internet.

Grundlage des Entwurfs, über den der Rechtsausschuss abstimmte, war ein Gesetzesvorschlag, den der damalige EU-Digitalkommissar Günther Oettinger 2016 vorgelegt hatte. Aller Voraussicht nach wird das Plenum im Juli darüber entscheiden, ob das Parlament in Verhandlung mit den EU-Staaten darüber tritt. Diese tendieren sowohl zu Upload-Filtern als auch zum Leistungsschutzrecht. Die Bundesregierung lehnt Upload-Filter hingegen ab.

Nur eine Stimme Mehrheit für Leistungsschutz

Für das Leistungsschutzrecht, das in ähnlicher Form bereits in Deutschland besteht, hatten sich in den vergangenen Jahren vor allem Verlegerverbände stark gemacht. Demnach sollen Portale wie Google News künftig nicht mehr ohne Erlaubnis Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten in ihren Ergebnissen anzeigen dürfen. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch nur mit einer Stimme Mehrheit dafür.

Der verantwortliche Berichterstatter des Ausschusses, Axel Voss (CDU) sprach von einer guten Ausgangssituation für die Verhandlungen mit den EU-Ländern. „Rechteinhaber müssen fair entlohnt werden.“ Eine Einigung mit den EU-Staaten sei noch vor der Europawahl im Mai 2019 möglich. Deutliche Kritik kam hingegen von den Grünen und der SPD. Auch die FDP und die Linke lehnen die möglichen Neuregelungen ab. Das Leistungsschutzrecht werde die Position von Urhebern nicht stärken, sagte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Kleine Verlage würden dadurch sogar geschwächt. „Damit diese überhaupt eine Online-Leserschaft finden, sind sie darauf angewiesen, von Suchmaschinen gelistet zu werden.“

Die Verlegerverbände BDZV und VDZ widersprachen dem am Mittwoch: „Die positive Entscheidung des Rechtsausschusses ist nicht nur für große, sondern auch für kleinere und mittlere Verlagshäuser, die angesichts der Marktdominanz großer Online-Plattformen dringend eine Rechtsgrundlage für ihre Geschäftsmodelle benötigen, von entscheidender Bedeutung“, sagte ein Sprecher. Er sprach von einem wichtigen Zeichen „für die Sicherung des freien, unabhängigen Journalismus in der digitalen Welt“. Für Zeitungen und Zeitschriften müsse der gleiche rechtliche Rahmen gelten wie es ihn für Film, Fernsehen und Musik bereits gebe.

In Deutschland besteht das Leistungsschutzrecht seit 2013

In Deutschland war das umstrittene Leistungsschutzrecht für Presseverlage zum 1. August 2013 in Kraft getreten. Im August 2014 erteilten jedoch etliche Verlage innerhalb der Verwertungsgesellschaft Media eine „Gratiseinwilligung“ an Google, weil sie sonst nicht mehr mit Vorschaubildern und Anreißer-Texten („Snippets“) dargestellt worden wären. In Spanien hatte Google seinen Dienst Google News indes komplett eingestellt, nachdem ein Gesetz in Kraft getreten war, das noch schärfer als das deutsche Leistungsschutzrecht gefasst ist.

Der vom Ausschuss zugestimmte Entwurf sieht außerdem vor, dass Online-Plattformen wie Youtube künftig schon während des Hochladens der Inhalte prüfen müssen, ob diese urheberrechtlich geschützt sind. Diese müssten sie dann gegebenenfalls sperren oder entsprechende Lizenzen dafür erwerben. Dadurch sollen Kreative letztlich mehr Geld verdienen.

Bundesregierung lehnt Upload-Filter ab

Kritiker sehen durch derartige Upload-Filter jedoch die Meinungs- und Informationsfreiheit gefährdet. Satire, Parodie oder Zitate könnten von Algorithmen nicht erkannt werden - und würden zu Unrecht gesperrt. Auch die Bundesregierung lehnt Upload-Filter ab. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es, diese seien „unverhältnismäßig“.

Die Datenschutzorganisation EDRi sprach am Mittwoch von massenhafter Internetzensur. Auch der europäische Verbraucherschutzschutzverband Beuc sieht gravierende Folgen der möglichen Neuregelungen: „Das Internet, wie wir es kennen, wird sich ändern, wenn Plattformen systematisch Inhalte filtern müssen, die Nutzer hochladen“, sagte Generaldirektorin Monique Goyens. Dadurch werde das Netz von einem Ort des Teilens zu einem Ort der Kontrolle.

„Die Pläne für automatische Filter sind kurzsichtig und werden legale Inhalte wie Memes und Parodien blockieren. Verlierer sind am Ende Künstler, europäische Plattformen und kleine Start-ups“, sagte die Piraten-Politikerin Julia Reda, die Mitglied der Grünen-Fraktion ist. Mehr als 70 Digital-Pioniere, unter ihnen der Erfinder des World Wide Web Tim Berners-Lee und Wikipedia-Gründer Jimmy Wales hatten schon im Vorfeld vor automatisierter Überwachung und Kontrolle gewarnt. (dpa)

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