zum Hauptinhalt
Sergej Magnitski.

© promo

Politik: EU-Parlament rät zu Sanktionen gegen russische Beamte

Berlin - Das Europäische Parlament hat am Donnerstag die EU-Staaten aufgefordert, Sanktionen gegen russische Beamte in Erwägung zu ziehen, die für die Festnahme und den Tod des russischen Anwalts Sergej Magnitski verantwortlich sind. 318 Abgeordnete stimmten für die umstrittene Passage, 163 waren dagegen.

Berlin - Das Europäische Parlament hat am Donnerstag die EU-Staaten aufgefordert, Sanktionen gegen russische Beamte in Erwägung zu ziehen, die für die Festnahme und den Tod des russischen Anwalts Sergej Magnitski verantwortlich sind. 318 Abgeordnete stimmten für die umstrittene Passage, 163 waren dagegen. Konkret schlagen die Parlamentarier vor, Einreiseverbote „gegen Beamte zu erwägen, die in den Fall verwickelt sind“. Außerdem werden die Strafverfolgungsbehörden „ermutigt“, beim Einfrieren der Konten der Betroffenen mitzuwirken. Zwar wurde der ursprüngliche Entwurf so weit abgeschwächt, dass Sanktionen nicht mehr direkt gefordert werden. Dennoch ist es das erste Mal, dass das Europaparlament Strafmaßnahmen gegen russische Beamte ins Gespräch bringt. In den USA und Kanada gibt es ähnliche Initiativen.

Magnitski hatte einen Fall von Steuerbetrug riesigen Ausmaßes aufgedeckt und zwei Offiziere des Innenministeriums beschuldigt. Kurz nach seiner Aussage wurde Magnitski festgenommen – offenbar im Auftrag von einem der beiden Männer, die er belastet hatte. Im Gefängnis war er großem Druck ausgesetzt, seine Aussagen zurückzunehmen. Die Haftbedingungen waren nach Berichten von Augenzeugen menschenunwürdig. Medizinische Hilfe erhielt er nicht. Am 16. November 2009 starb der 37-jährige Familienvater im Gefängnis. Russlands Präsident Dmitri Medwedew sagte eine Untersuchung zu. Doch mehr als ein Jahr nach Magnitskis Tod hat sich niemand vor Gericht verantworten müssen. Die beiden Offiziere wurden inzwischen befördert.

Russland hatte vor der Abstimmung massiven Druck ausgeübt, um eine Forderung nach Sanktionen zu verhindern. Der Ausschuss für internationale Angelegenheiten der Duma befasste sich eigens mit dem Thema. Den Ruf nach Sanktionen nannte der Ausschuss „prinzipiell inakzeptabel“ und „antirussisch“. Sollte das Parlament zustimmen, „werden die Beziehungen zwischen der Russischen Föderation und der Europäischen Union ernsthaft beschädigt werden“, warnten die Parlamentarier. Eine Delegation der Duma, die zum jährlichen Treffen mit EU-Abgeordneten reiste, erhielt den Auftrag, die „Unzulässigkeit“ einer Sanktionspolitik deutlich zu machen. „Die russische Seite hat massiv Lobbyarbeit gemacht“, sagte die finnische EU-Abgeordnete und Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, Heidi Hautala (Grüne), dem Tagesspiegel.

Das eigentliche Ziel sei es, dass russische Beamte endlich eine Untersuchung des Todes von Sergej Magnitski einleiteten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zögen, sagte Hautala. „Wenn sie das tun, werden die Sanktionen niemals angewendet.“ Die Abgeordnete Kristiina Ojuland, die frühere estnische Außenministerin, sagte, Magnitskis Fall sei leider nicht der einzige in Russland. Es gebe in den Gefängnissen „viele andere, vielleicht hunderte“, die ähnlich behandelt würden, sagte Ojuland dem Tagesspiegel. Der Beschluss sei „eine ernste Warnung an russische Behörden, dass sie so nicht weitermachen können“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false