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Politik: EU-Ratspräsident Guterres will Änderungen durchsetzen

Für den in der nächsten Woche bevorstehenden EU-Beschäftigungsgipfel in Lissabon hat zumindest der EU-Ratspräsident Antonio Guterres große Pläne. Europa müsse "das eigene Sozialmodell grundsätzlich in Frage stellen", fordert der portugiesische Regierungschef in einem Papier, das in dieser Woche im Europäischen Parlament diskutiert wird.

Für den in der nächsten Woche bevorstehenden EU-Beschäftigungsgipfel in Lissabon hat zumindest der EU-Ratspräsident Antonio Guterres große Pläne. Europa müsse "das eigene Sozialmodell grundsätzlich in Frage stellen", fordert der portugiesische Regierungschef in einem Papier, das in dieser Woche im Europäischen Parlament diskutiert wird. Die Modernisierung der Sozialsysteme müsse Hand in Hand gehen mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit. Durch die Einbeziehung möglichst vieler Menschen in den Arbeitsprozess solle deren soziale Ausgrenzung verhindert werden.

Die grundsätzliche Ausrichtung seiner Vorschläge hatte Guterres im Vorfeld der Veröffentlichung mit verschiedenen anderen Regierungschefs abgestimmt, Ähnlichkeiten mit dem spektakulären "Schröder-Blair-Papier" sind nicht zufällig. Dennoch stößt eine seiner wichtigsten Forderungen schon jetzt auf Widerstand. Guterres will für den Gipfel in Lissabon eine Festlegung auf ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent. Die EU müsse außerdem versuchen, eine Beschäftigungsquote von 70 Prozent zu erreichen. Zur Zeit liegt diese bei durchschittlich 60 Prozent. Beide Forderungen stoßen bei anderen Mitgliedstaaten auf Skepsis. Die Bundesregierung lehnt beispielsweise - wie seinerzeit Bundeskanzler Kohl - jede Festlegung auf Zahlen in Lissabon rigoros ab.

Guterres hofft, die höhere Beschäftigungsquote durch Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor, ein flexibleres Rentenalter und eine stärkere Beteiligung von Frauen am Berufsleben zu erreichen. Er will neue Technologien zur Grundlage für den Arbeitsprozess machen. Eine Forderung, die selbstverständlich scheint, jedoch keineswegs in allen Mitgliedsländern verwirklicht ist. Die Wissensgesellschaft müsse in der Forschungs- und Bildungspolitik, aber auch in der Technologie- und Wirtschaftspolitik umgesetzt werden. Die europäische Wirtschaft müsse die Kosten der Telekommunikation senken und den Zugang zum Internet verbessern. Alle müssten das Internet nutzen, die öffentliche Verwaltung solle on-line arbeiten, Stellenausschreibungen sollten dort erfolgen. Rechtliche Hindernisse für den elektronischen Handel müssten abgeschafft werden. Im Rahmen des auf einem der letzten Gipfel beschlossenen Cardiff-Prozesses sollen die Telekommunikationsmärkte und die Märkte für Energie und Verkehr ohnehin weiter liberalisiert werden. Es fehlt an Normen für Ausschreibungen und einem Statut für europäische Unternehmen.

Guterres forderte zudem die Integration der Finanzmärkte, beispielsweise durch gemeinsame Regeln für Risikokapital und Finanzdienstleistungen. Durch Strukturveränderungen und auf die spezifische regionale Situation zugeschnittene Ausbildungskampagnen sollen höheres Wachstum und bessere Voraussetzungen für die Einbeziehung möglichst vieler Menschen ins Arbeitsleben geschaffen werden.

Kommissionspräsident Prodi unterstützte Guterres Forderungen, forderte jedoch, dass der Gipfel sich auf präzise Vorgehensweisen zur Erreichung der beschriebenen Ziele konzentrieren solle. Der Vorsitzende der Liberalen im Europaparlament, Cox, bezeichente die Vorstellungen von Guterres als "zu idealistisch".

Mariele Schulze Bernd

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