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Sarkozy Straßburg

© AFP

EU-Ratspräsidentschaft: Wendig, lebhaft, einnehmend

Nikolas Sarkozy ist seit dem 1. Juli EU-Ratspräsident und will Europa aus der Krise führen. Vor dem EU-Parlament in Brüssel erntet er bei seiner Antrittsrede den Beifall der Parlamentarier.

Ohne Reform der Europäischen Union wird es keine Erweiterung geben. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der seit dem 1. Juli als EU-Ratspräsident im Kreis der 27 EU-Staaten den Vorsitz führt, hat jede weitere Aufnahme eines neuen Staates eng an das Schicksal des Lissaboner Grundlagenvertrags geknüpft. „Wir können die Union nur erweitern, wenn wir die neuen Institutionen haben“, sagte Sarkozy am Donnerstag bei seiner Antrittsrede im Europäischen Parlament in Straßburg. Er werde deshalb seinen ganzen Ehrgeiz daransetzen, im Halbjahr der französischen EU-Präsidentschaft Europa aus der Krise zu führen, die durch das Nein der Iren zum neuen EU-Vertrag ausgelöst wurde.

In einem „Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ ohne Irland sieht der neue EU-Ratspräsident zunächst noch keine Lösung des Problems. „Vielleicht geht es eines Tages nicht anders. Das wird aber nur die allerletzte Möglichkeit sein,“ sagte Sarkozy. Die französische EU-Präsidentschaft werde sich stattdessen bemühen, alle 27 Staaten zusammenzuhalten. Ungeachtet der internen Krise der EU werde Frankreich in diesem Halbjahr versuchen, Europa mit konkreter Politik voranzubringen. „Nichts wäre schlimmer als ein Europa des Stillstands,“ sagte Sarkozy in seiner Rede, die in Straßburg mit Beifall bedacht wurde.

Den Menschen in Irland wie auf dem Kontinent müsse das Gefühl vermittelt werden, „dass Europa für sie alle da ist“ und nicht nur für die großen Industriekonzerne und die Banken. Viele Bürger seien in Zeiten der Globalisierung verunsichert und verängstigt. „Wir müssen den Europäern zeigen, dass Europa sie schützen kann.“

Den zweiten Schwerpunkt setzt Paris im Klimaschutz: „Wir sind die letzte Generation, die die Katastrophe noch abwenden kann“, sagte Sarkozy. Keine Nation könne sich hier im Alleingang bewegen. Europa müsse mit seinem „Zivilisationsmodell“ und seinen Werten mit gutem Beispiel vorangehen. Das Klimapaket habe „absolute Priorität“. Man dürfe aber auch „nicht naiv sein“. Es könne nicht angehen, dass die europäische Wirtschaft mit Umweltauflagen belastet werde, gleichzeitig aber seine Grenzen für Importwaren aus China, Indien oder den USA weit öffne, die sich an keine Regeln halten. Europa müsse auf internationaler Ebene die Schwellenländer und die USA für eine gemeinsame weltweite Klimapolitik gewinnen und im internationalen Wettbewerb für Waffengleichheit sorgen.

Im Zentrum der französischen Politik werde auch die Einwanderung in die EU stehen. „Europa wird keine Festung sein,“ sagte Sarkozy, dessen Familie aus Ungarn nach Frankreich eingewandert ist.

Sarkozy erwies sich wieder einmal als überaus wendiger, lebhafter und einnehmender Redner, dem man die Schulung des professionellen Anwalts anmerkt. Geschickt parierte er in der anschließenden Parlamentsdebatte die Angriffe des Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Daniel Cohn-Bendit, der ihn wegen seiner Entscheidung, zur Eröffnung der Olympischen Spiele nach Peking zu gehen, heftig attackierte: „Das ist schändlich. Sie demonstrieren den Menschen in den Gefängnissen: Eine Diktatur kann alles machen, was sie will, weil der Westen mit China Geschäfte machen will.“

Sarkozy konterte mit einem pragmatischen Argument: „Mit einem Boykott und der Demütigung Chinas können die Probleme nicht gelöst werden, sondern nur mit einem zähen Dialog über Menschenrechte.“

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