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Politik: EU-Richtlinien: Was Europa nichts angeht

Immer mehr Europa, das galt lange als gut. Inzwischen wachsen die Zweifel, aber in einer Hinsicht gilt immer mehr Europa weiter als gut: das Europa des Verbraucherschutzes, das Europa der Bürger.

Immer mehr Europa, das galt lange als gut. Inzwischen wachsen die Zweifel, aber in einer Hinsicht gilt immer mehr Europa weiter als gut: das Europa des Verbraucherschutzes, das Europa der Bürger. Rauchen ist schädlich, und deshalb ist auch die Tabakwerbung von Übel - da sind sich die Gesundheitspolitiker einig, egal wo in Europa sie zu Hause sind. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof das geplante Tabakwerbeverbot zu Fall gebracht. Das sei nicht Sache der EU. Eine Kehrtwende! Europa wird beschränkt, der Nationalstaat gestärkt. Man kann vom Rauchen denken, was man will. Europapolitisch ist das ein Fortschritt.

Nicht nur der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber fordert eine klare Aufteilung der Kompetenzen in Europa. Was künftig die Regionen, die Nationalstaaten und die europäische Ebene zu entscheiden haben - darüber hat das Urteil des EuGH Klarheit gebracht. Gegen die geplante Anti-Werbungs-Richtlinie hatte noch die alte Bundesregierung unter Helmut Kohl geklagt. Das Luxemburger Urteil löst nicht nur Begeisterung bei CDU/CSU, FDP und den Tabakkonzernen aus, es findet auch den Beifall von Rot-Grün. Das zeigt, dass sich in Deutschland schon länger ein breiter europapolitischer Konsens herausgebildet hat: Nicht alles kann Brüssel besser. Und wenn die EU ihre Kompetenzen ausweitet, dann bitte auf einer juristisch sauberen Basis.

Stoiber sagt, die europäische Gesetzgebung in Ministerräten und durch das Europaparlament erinnere inzwischen an die vordemokratische Kabinettspolitik des 18. und 19. Jahrhunderts. Ganz so schlimm ist es nun wirklich nicht, die Ministerräte und das Europaparlament tagen öffentlich. Aber eines lässt sich nicht von der Hand weisen: Über den Umweg von Regelungen, die vordergründig dem Binnenmarkt dienen, wird auf europäischer Ebene Sport-, Gesundheits- und Umweltpolitik betrieben.

Nun haben ausgerechnet die Luxemburger Europa-Richter für europäische Selbstbeschränkung gesorgt. Derselbe Gerichtshof, der seinerzeit den Waffendienst in der Bundeswehr für Frauen öffnete und damit sicherheitspolitische Kompetenzen an sich riss, hat jetzt die Gesundheitspolitiker in der EU-Kommission in die Schranken gewiesen. Ein Wegweiser auch für den EU-Gipfel in zwei Monaten. Dann geht es in Nizza um die Frage, in welchen Bereichen die EU-Mitgliedstaaten auf ihr Vetorecht verzichten. Ob die Gesundheitspolitik dazu gehören wird?

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