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EU-Russland-Gipfel: Moskau kommt es auf Sicherheit an

Wie gut, dass der EU-Russland-Gipfel in Nizza stattfindet: Mediterrane Gelassenheit können beide Seiten gut gebrauchen angesichts der Probleme, die das bilaterale Verhältnis belasten.

Das Verhältnis zwischen der EU und Russland hat gegenwärtig einen ähnlichen Tiefpunkt erreicht wie die Aktienkurse an den Börsen. Gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung der weltweiten Finanzkrise stehen daher an diesem Freitag ganz oben an auf der Tagesordnung. Und bei diesem Punkt dürfte es Russlands Präsident Dmitri Medwedew und dessen europäischen Gesprächspartnern noch am ehesten gelingen, einen gemeinsamen Nenner zu finden und in Washington auch zu verteidigen. Dort treffen sich am Samstag die 20 wichtigsten Industrienationen und Schwellenländer, um sich über Grundzüge einer neuen internationalen Finanz- und Wirtschaftsarchitektur zu verständigen.

Russland, das beiden Gruppen zurechenbar ist, will dabei ein gewichtiges Wort mitreden und auf einen ergebnisorientierten Dialog drängen. Ähnlich selbstbewusst gibt Moskau sich auch vor dem Gipfel in Nizza. Russland, so EU-Botschafter Wladimir Tschischow, brauche den neuen Rahmenvertrag mit der Gemeinschaft nicht weniger als Europa. Aber auch nicht mehr. Der Diplomat spielt damit auf das Gerangel um die Wiederaufnahme der Verhandlungen an, die Brüssel nach Russlands Krieg mit Georgien im August ausgesetzt hatte. Frankreich, Deutschland und Italien halten an strategischer Partnerschaft mit Moskau fest – auch weil die Wirtschaft Druck macht. Ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, heißt es beim Ostausschuss der deutschen Wirtschaft, könnte den Beziehungen zwischen der EU und Russland neue Dynamik verschaffen und wäre in der jetzigen Konjunkturkrise ein wichtiges Signal.

Osteuropäische EU-Mitglieder dagegen sehen sich durch Drohungen Medwedews, an Russlands Westgrenzen Kurzstreckenraketen zu stationieren, akut bedroht und fordern zudem uneingeschränkte Solidarität mit Georgien. Polen und die Balten hatten auf der EU-Außenministerkonferenz zu Wochenbeginn sogar verlangt, Russland für die Unverhältnismäßigkeit der Kampfhandlungen in Georgien und die zögerliche Erfüllung der Waffenstillstandsabkommen zu bestrafen. Beide Punkte müssten auch bei der Diskussion während des Gipfels in Nizza im Vordergrund stehen.

Geht es nach Russland, soll die Kaukasuskrise aber nur am Rande behandelt und zusammen mit anderen internationalen Problemen erörtert werden: Irans Atomprogramm, der Balkan und Nahost. Medwedew will sich in Nizza auf vier Punkte konzentrieren: Wirtschaft, Recht, Wissenschaft und Kultur und vor allem Sicherheit. Aus Moskauer Sicht sollte der neue Rahmenvertrag mit der EU daher Grundzüge einer europäischen Sicherheitsarchitektur beinhalten.

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