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Politik: EU-Sondergipfel: Gute Vorsätze gegen das Kompetenzgerangel

Für die Sicherheit am Himmel über Brüssel und rund ums Europaviertel war während des EU-Gipfels am Freitagabend gesorgt. Zumindest behaupteten das die belgischen Sicherheitsleute.

Für die Sicherheit am Himmel über Brüssel und rund ums Europaviertel war während des EU-Gipfels am Freitagabend gesorgt. Zumindest behaupteten das die belgischen Sicherheitsleute. "Das, was in Washington und New York passiert ist, kann hier nicht geschehen", sagten sie. Normalerweise ziehen die Flugzeuge beim Start vom Brüsseler Flughafen Zaventem eine weite Schleife über die Stadt. Doch am Freitag mussten die Piloten einen anderen Kurs fliegen. Zivilflugzeuge hatten über der Innenstadt Flugverbot. Nicht weit von Brüssel standen belgische Abfangjäger startbereit. Als die Nachricht von einer Explosion in einer Chemiefabrik in Toulouse eintraf, lagen die Nerven blank.

Die Meldungen aus Frankreich, die anfängliche Verunsicherung - terroristischer Anschlag oder Unfall? - kamen zur schlechtesten Zeit. Schließlich sollte der EU-Sondergipfel am Freitagabend in Brüssel nicht nur der Politik dienen, sondern auch der politischen Psychologie. Die 15 Staats- und Regierungschefs wollten der Öffentlichkeit vor Augen führen, dass sie fest entschlossen sind, an der Seite der Amerikaner den Terrorismus zu bekämpfen - nicht blindwütig, nicht rachsüchtig, sondern gezielt, angemessen und effektiv. Und dass sie sich sicher sind, ihn auch zu besiegen. Eine Woche nach dem Terrorangriff auf die USA sollte das Treffen der EU-Regierungschefs auch den eigenen Bürgern signalisieren, dass die Union entschlossen ist, einen neuen Anlauf zu nehmen, um die Kleinstaaterei von Justiz und Polizei zu überwinden.

Doch die Regierungschefs konnten sich zu wenig mehr als allgemeinen Absichtserklärungen und Arbeitsaufträgen an ihre Beamten entschließen. Die handfeste Arbeit, sich über die unterschiedlichen Rechtssysteme hinweg zusammenzuraufen, bleibt jetzt den Fachleuten, den Juristen, Sicherheitsspezialisten und Geheimdiensten überlassen. Doch die Erfahrung lehrt, dass in den langsam mahlenden Mühlen der nationalen Behörden die von den Chefs formulierten Entwürfe viel zu oft zerrieben werden. Und ein europäischer Haftbefehl, der die komplizierten Auslieferungsverfahren überflüssig machen würden, oder die Stärkung der Kompetenzen von Europol werden jetzt zweifellos in den eifersüchtigen nationalen Beamtenapparaten Widerstände wecken.

Ebenso wichtig wie der Impuls nach Innen, der Anstoß zur Überwindung der bürokratischen Hürden bei der inneren Sicherheit, war für den Sondergipfel das Signal nach außen: Europa will dem Terrorismus den Krieg erklären, nicht der islamischen Welt. Niemand, der in der EU Verantwortung trägt, wird zu einem neuen Kreuzzug gegen den Islam aufrufen.

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