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EU vermittelt: Annäherung zwischen Serbien und dem Kosovo

Nach mehr als drei Jahren Funkstille nehmen Serbien und der Kosovo den Dialog auf. Zunächst soll es nur um praktische Probleme gehen, die den Alltag der Bevölkerung betreffen. Heikle Themen - wie die Unabhängigkeitsfrage - bleiben ausgeklammert.

Sie haben es spannend gemacht. Mehrmals schon stand ein neuer Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo angeblich kurz bevor. Am Dienstag soll nun die erste Gesprächsrunde unter Vermittlung der EU beginnen. Seit dem Scheitern der letzten Verhandlungen über die Zukunft der früheren serbischen Provinz Kosovo und der einseitigen Unabhängigkeitserklärung der Kosovaren sind mehr als drei Jahre vergangen. Danach herrschte Funkstille zwischen beiden Parteien. In Brüssel werden nun, ähnlich wie einst beim deutsch-deutschen Grundlagenvertrag, zunächst praktische Probleme erörtert: Grenz- und Zollverkehr, Katasterstreitigkeiten, die Anerkennung von Autokennzeichen und Ähnliches. Es gehe darum, zur Vertrauensbildung „das tägliche Leben für die Bevölkerungen beider Länder zu erleichtern”, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes dem Tagesspiegel. „Wir erwarten daher von beiden Seiten glaubwürdiges Engagement und die Bereitschaft zu Kompromissen.”

Die heikelste Frage, die nach dem endgültigen Status des Kosovo, bleibt zunächst ausgeklammert. Offiziell haben sich die Positionen dazu nicht verändert. Während die Regierung in Pristina von Gesprächen zwischen „Kosovo und Serbien” spricht, zwischen zwei souveränen Staaten also, beharren die Serben darauf, einen Dialog zwischen „Serbien und Pristina” zu führen. Tatsächlich jedoch waren die Chancen, zu einer Übereinkunft zu kommen, wohl nie so groß. „Zwischen unseren roten Linien und ihren gibt es durchaus Raum”, sagte auch die kosovarische Verhandlungsführerin, die stellvertretende Ministerpräsidentin Edita Tahiri, vor wenigen Tagen in Washington.

Dieser Raum könnte durchaus geografisch zu verstehen sein. Hinter den Kulissen zeichnet sich folgendes Szenario ab: Serbien erkennt das Kosovo an, erhält dafür jedoch den Norden seiner ehemaligen Provinz zurück. Die mehrheitlich serbische Bevölkerung in dem Gebiet rund um die Stadt Mitrovica hat sich bislang ohnehin erfolgreich gegen die neuen Machtverhältnisse gewehrt. Sie benutzt weiter serbische Pässe und Nummernschilder, betreibt eigene Schulen, und sogar die Justiz hier spricht serbisches Recht.

Auch Serbien ist klar, dass an der Unabhängigkeit des Kosovo nicht mehr zu rütteln ist, seit der Internationale Gerichtshof in Den Haag 2010 erklärte, der einseitige Schritt des Kosovo verstoße nicht gegen Völkerrecht. Danach hat die Regierung in Belgrad ihre politischen Prioritäten neu definiert: Ganz oben steht die rasche Annäherung an die EU. Präsident Boris Tadic und der junge Außenminister Vuk Jeremic verfolgen sie hartnäckig und erfolgreich: Im letzten Jahr hob die EU den Visazwang für Serben auf. Und auch der Chefankläger des Jugoslawientribunals, Serge Brammertz, bescheinigte dem Land zuletzt eine gute Zusammenarbeit.

Dagegen haben die Verantwortlichen in Pristina Kredit verspielt. Premier Hashim Thaci wird vorgeworfen, die Wahl im Dezember 2010 zu seinen Gunsten manipuliert zu haben. Ein Bericht des Europarats bezeichnet ihn als „Schlüsselfigur” der Organisierten Kriminalität im Kosovo. Während des Kosovokrieges Ende der 90er Jahre soll er als Kämpfer der UCK-Rebellen Handel mit Organen serbischer Gefangener getrieben haben. Ermittler der EU- Mission Eulex, die das Land beim Aufbau eines Rechtsstaats unterstützen, gehen den Vorwürfen nun offiziell nach – keine Verhandlungsposition für den Premier.

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