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Edward Snwoden, die NSA und der Datenschutz: EuGH kippt das "Safe Habor" abkommen.

© AFP

Update

EuGH zu Safe Harbor: Der erste Erfolg für Edward Snowden

Das Urteil bestätigt eine Befürchtung: Daten der Europäer sind in den USA nicht sicher. Umso wichtiger ist nun ein internationales Abkommen - mit europäischer Handschrift. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Beim Datenschutz machen in Europa Gerichte die Politik: die gekippte Vorratsdatenspeicherung, das Google-Urteil mit dem "Recht auf Vergessen" und nun das Ende für "Safe Harbor". Jedes Mal haben europäische Gerichte Fakten geschaffen, die die Politik entweder so nicht wollte oder für die ihr die Kraft fehlte. Von allen Urteilen ist die aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs auch die weitreichendste, weil sie ein Gefühl zur Faktenlage erklärt: Daten der Europäer sind in den USA nicht sicher. Genau das behauptete aber das sogenannte "Safe Harbor" abkommen, dass die Europäische Kommission im Jahr 2000 mit den USA abgeschlossen hatte.

Dass der Europäische Gerichtshof dieses Abkommen nun für ungültig und nicht bindend erklärt, ist auf den ersten Blick ein Erfolg für den Österreicher Max Schrems, der dagegen geklagt hatte. Tatsächlich ist es aber der erste wirkliche Erfolg für Edward Snowden. Seine Enthüllungen hatten bisher vor allem atmosphärische Konsequenzen. Jetzt aber geht es um ernsthafte politische und ökonomische Folgen. Denn nicht nur Internetgiganten wie Facebook, Google, Amazon oder Apple müssen in Folge des Urteils ihr Geschäftsmodell in Europa überdenken, weil Nutzer-Daten nicht mehr ohne Weiteres in die USA weitergeleitet werden können. Auch tausende kleinere Unternehmen sind betroffen. Und die haben nicht so große Rechtsabteilungen wie Google und Co.

Das Urteil ist vor allem ein Auftrag. An die Politik, sich einzugestehen, dass die in Europa geltenden Datenschutz-Standards in den USA eben nicht gelten und dass dies nicht einfach hingenommen werden darf. Es ist auch ein Auftrag an Facebook, Google oder Apple sich einzugestehen, dass man nicht weltweit aktiv sein kann ohne die jeweils geltenden Regeln zu akzeptieren. Nach der EuGH-Entscheidung gilt das vor allem für die europäischen Datenschutzregeln, im nächsten Schritt muss das auch für das Steuerrecht gelten. Doch das ist ein anderes Thema. Genau wie die Kontrolle der Sicherheitsdienste. Denn bei allem Erfolg für Snowden, ein Sieg über die Geheimdienste ist das Urteil nicht. Zumal einer der ungezügeltsten, der britische GCHQ, mitten in Europa sitzt.

Ein europäisches Google? Ein Unternehmen der Marke Apple? Nicht in Sicht.

Facebook, Google und die anderen Internetriesen waren mal Helden der Start-Up-Szene und sind jetzt zu groß zum Liebhaben. Vielen Menschen gelten sie inzwischen als Handlanger der amerikanischen Sicherheitsbehörden oder als Datenkrallen im eigenen Auftrag. Aber wir brauchen sie. In einer derart vernetzten und globalisierten Welt sind Konzerne wie Apple, Microsoft oder Google auch ökonomische Komponenten, die Wirtschaftsräume verbinden. Ein europäisches Google? Ein IT-Unternehmen der Marke Apple? Ein Cloudsystem wie Dropbox? In Europa alles bisher nicht zu sehen. Sich jetzt abzuschotten und drauf zu hoffen, dass irgendwann mal europäische Unternehmen in deren Fußstapfen treten, ist weltfremd. Und selbst wenn es so käme, müssten auch diese Unternehmen weltweit agieren, um zu überleben.

Die Europäische Gerichtshof hat das Safe-Harbor-Abkommen für ungültig erklärt.
Die Europäische Gerichtshof hat das Safe-Harbor-Abkommen für ungültig erklärt.

© picture alliance / dpa

Das Gegenteil ist richtig. Internationale oder mindestens bilaterale Datenschutzrichtlinien und Abkommen müssen erarbeitet werden, um Wettbewerbsverzerrung aufzuheben. Datenschutz ist plötzlich nicht mehr nur eine Art kultureller Wert, er wird zur handfesten ökonomischen Größe. Denn nur wenn auch US-Konzerne in Europa nach europäischen Regeln agieren müssen, haben europäische Unternehmen auch eine kleine Chance mitzuhalten. Es geht also darum, Abkommen auf die Beine zu stellen, die nicht nur die amerikanische Handschrift haben. Gerade in einer Welt, in der Daten die vielleicht wichtigste Währung sind, braucht es Währungshüter. Braucht es Regeln, die diese Währung schützen. Und keinen ungezügelten Handel damit.

Um das zu erreichen, muss die Europäische Union mit klarer Haltung, mehr Mut und Selbstvertrauen auftreten. Der EuGH hat dafür jetzt die Voraussetzungen geschaffen.

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